Dass Sportdirektor Himar Ojeda bei der Suche nach einem Ersatz für den verletzten Dennis Clifford auf einen Spieler gestoßen ist, der in den letzten vier Jahren in Japan gespielt hat und in Europa noch weitgehend unbekannt ist, veranschaulicht, wie global der Profi-Basketball mittlerweile geworden ist. Im Interview stellen wir unseren neuen US-Center Clint Chapman vor, der gleich bei seinem zweiten Einsatz im ALBA-Trikot gegen Tofas Bursa mit 19 Punkten und sechs Rebounds imponierte und es mit einem tollen Dunking auf einen Trick-Pass von Luke Sikma auf Anhieb in die Top10 der zehn spektakulärsten Aktionen des ersten EuroCup-Spieltags schaffte.

Spielerprofil Clint Chapman

Clint, für dich ist alles neu hier in Deutschland und du musstest zum Auftakt gleich drei Spiele in drei verschiedenen Wettbewerben spielen. War das nicht etwas verwirrend?

CC: Überhaupt nicht, zumal wir diese ersten drei Spiele in der Bundesliga, im EuroCup und im Pokal alle gewonnen haben. Das ist doch, was zählt. Solange ALBA gewinnt, ist alles gut. Das macht es mir auch leichter, mich hier in das neue Team zu integrieren. Ich bin zwei Wochen nach meiner Ankunft immer noch froh über die Chance, die ich hier bei einem so tollen Team erhalte.

Wie kam der Kontakt zu ALBA zustande?

CC: ALBA wurde auf mich aufmerksam, weil ich in der Saisonvorbereitung bei Olympiakos Piräus für zum Nationalteam abgestellte Center eingesprungen bin und da wohl einen ganz guten Job gemacht habe. Aber nach der Rückkehr ihrer Nationalspieler hatte Olympiakos trotzdem keinen Platz mehr für mich, so dass das Angebot von ALBA für mich genau zur rechten Zeit kam. Ich spiele hier erst einmal für zwei Monate und ob oder wie es danach weitergeht, ist noch offen. Ich würde sehr begrüßen zu bleiben, denn es gefällt mir hier bei ALBA auf Anhieb sehr gut. Das ist eine tolle Mannschaft.

In Griechenland war man auch schon überrascht über deine guten Leistungen bei Olympiakos?

CC: Das habe ich auch mitgekriegt, dass ich viele dort überrascht habe. Mich hat es nicht überrascht, denn ich weiß ja, was ich kann (lacht). Aber Japan ist natürlich basketballmäßig weit weg von Europa und den USA. Da fliegt man als Spieler schon ziemlich unter dem Radar der Beobachter.

Du hast zuletzt vier Jahre in Japan gespielt, also hat es dir dort wohl ganz gut gefallen?

CC: Ja, das japanische Essen ist super und die Leute sind dort sehr gastfreundlich. Es ist alles sehr sauber und sicher. Das macht es einem Amerikaner leicht, sich dort einzuleben. Basketball ist dort allerdings noch nicht so weit entwickelt wie in Europa oder den USA, was auch daran liegt, dass sie dort nicht so viele große Leute haben. In der Liga sind zwei Ausländer pro Team erlaubt und das sind fast immer zwei Center. Als US-Center stehst du dort in der Regel dreißig Minuten auf dem Parkett, weil es so gut wie keine japanischen Back-ups gibt. Die Teams, die auch gute japanische Innenspieler haben, spielen fast automatisch gleich ganz vorne mit.
 

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Aber jetzt willst du es noch einmal in Europa versuchen?

CC: Ich habe einen griechischen Agenten. Der hat mir das schmackhaft gemacht und mir den Job bei Olympiakos vermittelt. Die neue Saison unter einem Trainer wie David Blatt zu beginnen, hat bei mir dann so richtig die Lust verstärkt, diesen Weg jetzt auch weiter zu gehen. Er hat mir sehr geholfen, mich auf den europäischen Basketball einzustellen.

Und Coach Aito hilft dir dabei auch?

CC: Aito ist großartig. Er ist ein echter Basketball-Lehrer, der es dir mit seiner geduldigen Art und Weise leicht macht, ein Schüler zu sein und von ihm zu lernen. Wenn er spricht, ist es schwer, ihm nicht zuzuhören. Jetzt, wo ich ihn erlebe, überrascht es mich überhaupt nicht, dass er so viele Spieler groß gemacht hat.

Dann gefällt dir ALBAs Spielweise sicher auch?

CC: ALBAs Spielweise finde ich großartig. Vieles basiert auf der aggressiven Verteidigung, wo wir uns die Bälle klauen, um dann schnell auf Angriff umzuschalten. Ich mag dieses hohe Tempo sehr und wie die Spieler beim Umschalten den Gegner lesen, dabei ständig in Bewegung sind und am Ende den freien Mann finden. Das ist nicht nur für die Zuschauer schön anzusehen. Es macht auch riesigen Spaß, so zu spielen.

In einem Spiel mit Olympiakos hast du acht Dreier versucht und alle verworfen. Hat Coach Aito dir die Dreier verboten?

CC: Nein, das muss er gar nicht tun, denn von außen zu werfen, ist eigentlich gar nicht mein Spiel. Mein Spiel ist es, mich unter dem Korb anzubieten, Blöcke für die Mitspieler zu stellen und Rebounds zu holen. Diese Dreier gegen – ich glaube es war Real Madrid – hatten einen anderen Hintergrund. Das war das letzte Spiel unserer Trainingsreise in Spanien und wir waren alle total müde und zu kaputt, um noch in der Zone zu ackern. Da hat uns Coach Blatt grünes Licht gegeben, verstärkt von außen zu werfen. Ich kann zwar auch in einem richtigen Spiel mal einen offenen Dreier nehmen, aber das ist eher die Ausnahme.

Viele ALBA-Spieler kennen sich ja schon aus der letzten Saison. Ist es nicht schwer, da als Neuling seinen Platz zu finden?

CC: Im Gegenteil. In eine schon gut funktionierende Mannschaft hineinzukommen, ist viel einfacher als wenn alle noch neu sind und noch ihre Rolle suchen. Hinzu kommt, dass alle ALBA-Spieler mich großartig aufgenommen haben und mir erklären, wie ALBAs Spiel funktioniert. Vor allem die Art, wie ALBA das Pick&Roll verteidigt, ist völlig neu für mich.

Hattest du denn auch schon Gelegenheit, dir Berlin anzugucken?

CC: Nicht so viel, denn nach dem normalen Training muss ich ja noch in Extra-Schichten ALBAs Verteidigung einüben (lacht). Aber natürlich ist Berlin mit seiner vielfältigen Kultur und soviel Geschichte für einen amerikanischen Basketballer ein attraktiver Standort. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich mir alles angucken.

Jetzt geht es aber erst einmal Schlag auf Schlag mit Basketball weiter – zwischen den Spielen gegen Zagreb und Crailsheim liegen gerade einmal 48 Stunden. Sagen dir diese Namen eigentlich schon etwas?

CC: Die meisten Gegner hier in der Bundesliga sind mir noch unbekannt, aber das spielt auch keine so große Rolle.  Alles, was wir über den jeweils nächsten Gegner wissen müssen, wird uns vor dem Spiel von den Trainern gesagt. Ansonsten konzentriere ich mich voll darauf, meinen Job bei ALBA von Tag zu Tag besser zu machen.