Mit einem 112:55-Sieg ist unsere Mannschaft am Samstag gegen Jena in die neue Saison gestartet. Ein eindrucksvoller Sieg, der für unsere diesjährigen Neuzugänge der erste Pflichtspielsieg im ALBA-Trikot überhaupt war. Nachdem wir euch Kenneth Ogbe, Johannes Thiemann und Rokas Giedraitis bereits eingehend vorgestellt haben, ist heute Martin Hermannsson an der Reihe.

Martin Hermannsson war ein wenig baff. Gerade hatte der 24-Jährige sein erstes Spiel im ALBA-Trikot bestritten, ein 112:55-Sieg gegen Jena, da wurde der Isländer prompt zum Fantalk geladen. Wie es die Tradition will, wurden dort am Samstagabend die Neuzugänge ALBAs vorgestellt. Und weil Hermannsson einer von genau denen ist, wurde er sogleich nach seinem ersten Eindruck von seinem neuen basketballerischen Zuhause gefragt. „Unglaublich“, sagte er dann mit einem leichten Kopfschütteln, „unglaublich. Die Fans hier sind die mit Abstand besten, vor denen ich jemals gespielt habe.“ Der erste Eindruck stimmt also schon mal.

Sowieso scheint es, als hätte Martin Hermannsson sich in Berlin bereits bestens eingelebt. Sportlich natürlich, aber auch privat.  Im Juni unterschrieb der Guard bei ALBA BERLIN einen Zweijahresvertrag. Er tat dies mit besten Empfehlungen aus Frankreich, wo er eine beeindruckend starke letzte Saison spielte, und trotz zahlreicher Angebote anderer europäischer Top-Klubs, die mitunter sogar in der EuroLeague zuhause sind. Aber auch auf anderer Ebene ist der Transfer kein alltäglicher: So ist Martin Hermannsson der erste isländische Profi der ALBA-Geschichte.
 

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Spricht man mit dem Mann aus dem hohen Norden, wird schnell klar, dass dessen Engagement bei ALBA auch für ihn persönlich ein besonderes ist. „Für einen Klub wie ALBA zu spielen, ist der nächste Schritt in meiner Karriere“, sagt er. Tatsächlich ist ALBA der erst europäische Top-Klubs, für den Hermannsson aufläuft. So führte dessen Karriere den 24-Jährigen von seinem Heimatclub KR Reykjavik erst nach New York ans College (Long Island University) und anschließend nach Frankreich. Zwar spielte er dort nach einer Saison beim Zweitligisten Étoile de Charleville-Mézières zuletzt für Champagne Châlons Reims Basket in der französischen Beletage, nicht jedoch europäisch. Folglich ist es wenig verwunderlich, dass der Isländer die Möglichkeit sich auch im EuroCup zu messen als einen der Hauptgründe für seinen Wechsel zu ALBA angibt.

Ein weiterer Faktor, der Hermannssons Entscheidungen im Allgemeinen seit diesem Sommer beeinflusst, hat mit Basketball im Grunde (noch) nichts am Hut: Sohn Manuel. Im Juni kam der kleine Junge, der ganz nach isländischer Tradition mit Nachnamen nicht Hermannsson, sondern Martinsson heißt, auf die Welt und gab prompt mit den Ausschlag für den Wechsel nach Berlin. „Berlin ist zwar eine große Stadt, aber trotzdem grün und sehr sicher“, erklärt Hermannsson und ergänzt: „In Kombination mit ALBA als Top-Klub ist das schwer zu toppen.“ Also wechselte der frischgebackene Vater an die Spree. Eine Entscheidung, die er auch nach den ersten sechs Wochen in der neuen Stadt und bei seinem neuen Klub als die richtige Ansieht. Er fühle sich, als ob er schon zehn Jahre mit seiner neuen Mannschaft spiele, sagt Hermannsson. Und auch an das Leben zu dritt mit seinem Sohn und seiner Frau Anna María – die trägt ebenfalls nach isländischer Tradition den Nachnamen Bjarnadóttir – gewöhnt sich unser Neuzugang langsam. Zwar berichten sowohl Martin als auch Anna Maria von leicht ermüdenden, weil im Zweistundentakt anstehenden nächtlichen Stippvisiten am Babybett, nur um dann hinzuzufügen, dass diese aber auch das absolut einzige seien, das am Elterndasein bislang stören würde.
 

Während sein Sohn zumindest in nächster Zeit in Berlin aufwachsen wird, tat Hermannsson dies ganz klassisch in der isländischen Heimat. In Reykjavik geboren zeichnete sich dabei recht früh ab, dass aus dem Rechtshänder mal ein guter Basketballer werden könnte. „Ich habe angefangen Basketball zu spielen, da war ich sechs“, erinnert sich Hermannsson, erklärt aber sofort: „Ich habe damals jeden Sport ausprobiert. Fußball, Turnen, Handball, Tischtennis.“ Eine große Bandbreite an Sportarten, die ein knappes Jahrzehnt zu einer schweren Entscheidung führte. „Bis ich 16 Jahre alt war, habe ich Fußball und Basketball gespielt“, erzählt das sportliche Multitalent, „Ich war damals in den Jugendnationalmannschaften im Basketball und im Fußball und wusste nicht so richtig, ob ich jetzt Fußball oder Basketball spielen sollte.“
 

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Am Ende wurde es Basketball. Laut Hermannsson auch, „weil es in Island so kalt ist, dass es besser ist, drinnen Sport zu machen.“ Bis dato hat sich die Entscheidung zugunsten des Basketballs für Hermannsson ausgezahlt. So war dieser nach nur zwei Spielzeiten als Profi im Sommer eines der gefragtesten Talente in Europa. Auf sich aufmerksam gemacht hat er dabei vor allem durch einen guten Wurf, seine Schnelligkeit und Vielseitigkeit. Ein Gesamtpaket, in dem sich, davon ist Hermannsson überzeugt, auch Einflüsse der früher ausgeübten Sportarten wiederfinden lassen. Die Schnelligkeit aus der Leichtathletik zum Beispiel, das Reaktionsvermögen vom Tischtennis oder das Körpergefühl, das es beim Turnen braucht. Vervollständigt wird der Basketballer Martin Hermannsson durch das, was er selbst als „Wikingermentatlität“ bezeichnet. „Wir Isländer passen uns den Umständen, unter denen wir leben, an. Wir sind schon mental stark und sehr ehrgeizig.“ Zweifelsfrei eine gute Kombination für einen Profisportler.

Die Kombination der Dinge ist es auch, die den zurückliegenden Sommer für Martin Hermannsson so besonders gemacht hat. „Alles was ich mir erträumt habe, ist in den letzten Monaten auf einmal zusammengekommen. Die Hochzeit, das Baby, dann der Wechsel zu einem Traum-Klub wie ALBA – wenn ich mir das so vor Augen führe, ist das fast ein wenig surreal“, sagt Hermannsson und wirkt dabei fast so baff wie nach seinem ersten Auftritt in der Mercedes-Benz Arena.