Nach ihrem EuroLeague-Doppelspieltag mit einem Sieg in Mailand und einem verrückten Spiel gegen Real Madrid richten die Albatrosse ihren Blick wieder auf die Bundesliga. Das dürfte umso leichter fallen, weil die Berliner am Sonntag (9.2., 15 Uhr, Mercedes-Benz Arena) mit dem nächsten Gegner BG Göttingen noch eine Rechnung offen haben. Das Hinspiel in Göttingen wurde nämlich vor fünf Wochen 71:72 verloren. Zudem kehrt mit Bennet Hundt ein bei ALBA groß gewordener Nachwuchsspieler im Göttinger Trikot in seine Heimatstadt zurück.

Tickets ALBA - Göttingen (So. 9.2. 15 Uhr)

Statt gegen den Abstieg kämpft Göttingen um die Playoffs

Dass die am 5. Januar in der Universitätsstadt 71:72 unterlegenen Albatrosse in den letzten Wochen nicht die einzigen Opfer der Göttinger waren, macht das Gastspiel der neuen Mannschaft von Bennet Hundt zusätzlich brisant. Nach sechs Siegen aus den letzten sieben Spielen gelten die Göttinger in der easyCredit BBL sogar als das „Team der Stunde“. Längst spielen die „Veilchen“ in ihren lila Trikots nicht mehr – wie nach der mageren Startbilanz von nur 2:8 Siegen zunächst weithin angenommen wurde – um den Klassenerhalt, sondern richten ihre Blicke vielmehr auf die nur noch zwei Siege entfernten Playoff-Ränge.

Der Knoten ist dabei für das Team ungefähr zu Weihnachten geplatzt, als Göttinger Sponsoren die  Nachverpflichtung von Alex Ruoff möglich machten. Der US-Forward, der schon 2014 (damals noch unter Trainer John Patrick) den Göttinger Aufstieg in die erste Liga angeführt hatte und die Göttinger auch schon 2016/17 beflügelt hatte, hatte zwischendurch zu einer Karriere in der spanischen Liga angesetzt, wo er jedoch immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde. Mit mittlerweile 33 Jahren will der versierte Allrounder jetzt womöglich seine Karriere in Göttingen ausklingen lassen.

Frischer Wind durch Alex Ruoff und Kyan Anderson

Für Göttingens holländischen Trainer Johan Roijakkers war die Verstärkung durch Alex Ruoff, der in seinen besten Tagen mit Bilbao und Badalona durchaus auch für Schlagzeilen in der starken spanischen Liga sorgen konnte, natürlich ein echtes Weihnachtsgeschenk. Der spielintelligente und erfahrene US-Forward, der für die „Veilchen“ im Schnitt 35 Minuten auf dem Parkett steht, machte sofort einen Unterschied aus. Seit er als Göttingens drittbester Scorer, zweitbester Rebounder, zweitbester Passgeber und bester Balldieb das lila Trikot trägt, hat Göttingen nur ein Spiel (gegen Ulm) verloren, weil auch die Verteidigung viel stabiler geworden ist.

Zusätzlichen Aufwind erfuhren die Göttinger in den letzten Wochen durch eine enorme Leistungssteigerung ihres US-Spielmachers Kyan Anderson. Der kleine, aber entsprechend schnelle Point Guard, der im Sommer aus Bayreuth nach Göttingen gewechselt war, tat sich dort zunächst schwer, doch mit Alex Ruoff an seiner Seite war plötzlich alles viel einfacher. Gegen Bonn glänzte Anderson, der zuvor im Schnitt gerade mal zehn Punkte pro Spiel aufgelegt hatte, mit 32 Zählern, und gegen Frankfurt stellte er mit 35 Punkten (7/13 Dreier) sogar einen neuen BBL-Saisonrekord auf.

Bennet Hundt trotz guter Leistungen in der zweiten Reihe

Leidtragender dieser Leistungsexplosion des US-Guards, der seit Weihnachten im Schnitt 22,6 Punkte macht und 4,3 Assists gibt, waren nicht nur die Gegner, sondern auch Bennet Hundt, der sich im ersten Saisondrittel mit klugem Aufbauspiel (elf Assists gegen Vechta und 14 gegen Würzburg) zum startenden Spielmacher der „Veilchen“ gemausert hatte und von Trainer Johan Roijakkers entsprechend viel Lob bekam. Hinter dem plötzlich aufblühenden Anderson musste der Youngster indes wohl oder übel wieder in die zweite Reihe zurücktreten. Aber dass Roijakkers jetzt mehrere Optionen für den Spielaufbau hat, macht Göttingen natürlich stärker.

Auch auf der Position zwei herrscht im Göttinger Team im Kampf um Spielanteile eine große Konkurrenz zwischen dem belgischen Nationalspieler Elias Lasisi und dem zum erweiterten Kreis der DBB-Auswahl zählenden Dominic Lockhart. Während der schnelle und athletische Belgier mit seinem starken Drive zum Korb vor allem als Vollstrecker glänzt, überzeugt der Deutsche auch als guter Passgeber. Beide sind zudem gefährliche Dreierschützen. Lockhart, der mit seinen 1,98 Metern auf den Positionen eins, zwei und drei spielen kann, trifft in dieser Saison seine 1,7 Dreier pro Spiel sogar zu über 40 Prozent.

Auch US-Center Dylan Osetkowski erweist sich als Volltreffer

Der zweitbeste Dreierschütze neben Alex Ruoff ist in einer Göttinger Mannschaft, die vergleichsweise viele Würfe aus der Distanz nimmt (fast genauso viele wie aus dem Zweierbereich), über die gesamte Saison gesehen aber US-Power Forward Terry Allen. Der vielseitige und mannschaftsdienliche US-Amerikaner setzt sich zudem auch in der Zone durch, wo er mit guter Fußarbeit und einem starken Hakenwurf glänzt. Auch der serbische Forward Mihajlo Andric, der in dieser Saison in Göttingen fast ausschließlich auf der Position vier spielt, ist ein technisch versierter Dreierschütze, Rebounder und Passgeber.

US-Center Dylan Osetkowski kam erst Mitte Oktober als Nachverpflichtung nach Göttingen. Der 23-jährige Kalifornier, der im Herbst noch auf eine NBA-Chance gehofft hatte und sich deshalb erst spät in Europa anbot, erwies sich aber als echter Volltreffer und zählt ligaweit zu den großen Entdeckungen der Saison. Auch im Hinspiel gegen ALBA war der talentierte College-Rookie mit 24 Punkten und elf Rebounds Göttingens Matchwinner. Backup-Center Dennis Kramer ist auch „nicht von schlechten Eltern“: Er ist der Sohn der ehemaligen Bonner Centerlegende Arvid Kramer.

Zuletzt Niederlage gegen Ulm und zwei Siege über den MBC

Schaut man auf die letzten Spiele, wird vor allem deutlich, wie sehr sich der Spielplan der Albatrosse von dem der Göttinger unterscheidet. Während die „Veilchen“ seit dem am 5. Januar gewonnenen Hinspiel nur drei Spiele in der easyCredit BBL absolviert haben (65:86 gegen Ulm sowie gegen den MBC 90:84 in Weißenfels und zum Auftakt der Rückrunde am vorigen Wochenende 107:95 in Göttingen), war ALBA in diesen fünf Wochen bei sieben EuroLeague-Spielen (vs. Maccabi, in Piräus, in Belgrad, in Kaunas, vs. Fenerbahce, in Mailand und zuletzt vs. Real), dem Pokal-Halbfinalsieg in Bamberg und den beiden Bundesligaspielen gegen Crailsheim und in Oldenburg und damit in drei Wettbewerben insgesamt zehnmal am Start.

Göttingen spielte zuletzt in folgender Aufstellung (in Klammern die gerundeten Bundesliga-Stats 2019/20):
PG: Kyan Anderson (25 min, 15 p, 5 as), Bennet Hundt (20 min, 8 p, 4 as)
SG: Dominic Lockhart (28 min, 8 p, 3 as), Elias Lasisi (20 min, 7 p), M. Omuvwie
SF: Alex Ruoff (35 min, 12 p, 6 rb, 5 as) Mathis Mönninghoff (9 min, 2 p)
PF: Terry Allen (22 min, 11 p, 4 rb), Mihajlo Andric (23 min, 6 p, 3 rb), A. Waleskowski
C: Dylan Osetkowski (21 min, 12 p, 6 rb), Dennis Kramer (13 min, 6 p, 3 rb)

Gut zu wissen:
 

Bundestrainer Henrik Rödl hat den im Sommer nach Göttingen gewechselten Bennet Hundt erstmals für das Nationalteam nominiert. Weitere Ex-Albatrosse bei den EM-Qualifikationsspielen im Februar gegen Frankreich (am 21.2. in Vechta) und Großbritannien (am 24.2. In Newcastle) sind Joshiko Saibou und Ismet Akpinar. Aktuelle ALBA-Spieler wurden nicht nominiert, weil die EuroLeague ihren Spielbetrieb für das Länderspielfenster nicht unterbricht.

Bennet Hundt ist nicht der einzige Berliner im Göttinger Team. Auch der ein Jahr ältere Marvin Omuvwie wurde in Berlin geboren und lernte sein Basketball-Einmaleins beim TuS Lichterfelde, bevor er seine Ausbildung in Ulm fortsetzte.

Johannes Thiemann spielte in der Saison 2017/18 in Ludwigsburg zusammen mit dem jetzigen Göttinger Adam Waleskowski für die MHP Riesen. Auch mit Alex Ruoff spielte J.T. 2016/17 kurz zusammen in Ludwigsburg, aber die gemeinsame Zeit währte nur wenige Wochen, weil der US-Forward sich nicht mit der ihm von Trainer John Patrick zugeschriebenen Rolle arrangieren konnte.

BG Göttingen (easyCredit BBL 2019/2020)

Nr.

Name

Pos.

Alter

cm

Nat.

BBL

Pkt/Sp

Rb/Sp

As/Sp

3

Dominic Lockhart

1/2

25

198

GER

6 J.

8,2

3,5

3,4

5

Kyan Anderson

1

27

180

USA

2 J.

15,2

1,6

4,9

6

Elias Lasisi

2

28

191

BEL

---

7,2

1,7

1,3

7

Alex Ruoff

3

33

198

USA

2 J.

11,7

5,6

4,7

10

Dennis Kramer

5

28

209

D/US

5 J.

5,9

3,4

0,8

11

Marvin Omuvwie

2

22

195

GER

1 J.

1,2

2,0

0,2

13

Mihajlo Andric

3

26

201

SRB

1 J.

6,4

3,1

1,2

17

Mathis Mönninghoff

3

27

200

GER

7 J.

1,7

1,0

0,2

19

Adam Waleskowski

4/5

37

203

D/US

7 J.

1,0

3,0

0,0

21

Dylan Osetkowski

5

23

206

USA

---

12,4

6,1

1,1

25

Terry Allen

4

26

203

USA

---

10,9

3,9

1,1

33

Bennet Hundt

1

21

180

GER

2 J.

8,3

1,4

3,5

44

Kevin Bryant

2/3

25

195

GER

---

0,0

0,0

0,0

Head Coach: Johan Roijakkers (39, NED, achte saison mit Göttingen, die sechste in der BBL)
Assistenztrainer: Hylke van der Zweep (NED)

ALBA-Bilanz gegen Göttingen: 15:6
15 Siege – 6 Niederlagen  (in Berlin 9:1)
alle bisherigen Spiele in easyCredit BBL
Höchster Sieg: 91:54 am 22. April 2009 in Berlin
Höchste Niederlage: 65:80 am 13. April 2011 in Göttingen

Stimmen zum Spiel:
 

Aito Garcia Reneses (ALBA-Cheftrainer): „Göttingen hat sechs seiner letzten sieben Spiele, darunter das Hinspiel gegen uns, gewonnen und kämpft mittlerweile darum, die Playoffs zu erreichen. Da kommt ein Gegner in unsere Halle, der mit sehr viel Selbstvertrauen sehr gut spielt. Wir müssen Anderson und Ruoff kontrollieren, die in der Regel alle Entscheidungen in der Göttinger Offensive treffen. Vor allem im Pick&Roll mit Center Osetkowski sind sie sehr gut.“

Jonas Mattisseck (ALBA-Guard): „Göttingen spielt in dieser Saison wirklich gut, aber wir haben uns nach dem verlorenen Hinspiel noch in der Kabine geschworen, dass wir gegen Göttingen auf keinen Fall zweimal verlieren wollen. Zum Glück müssen wir nicht so lange auf die Revanche warten. Zwar steckt uns auch diesmal wieder die Europaliga-Belastung in den Knochen, aber in der Mercedes-Benz Arena kompensieren wir das leichter. Da pusht uns die Energie der Zuschauer.“