Als am vorigen Mittwoch wenige Sekunden vor Schluss Rokas Giedraitis einen Pass von Luke Sikma nicht direkt verwandeln konnte, war der Einzug ins Halbfinale für beide Teams zum Greifen nah. Rokas griff geistesgegenwärtig am energischsten zu und wurde mit seinem „Fummel-Korb“ zum Matchwinner. ALBA besiegte Malaga 79:75 und steht im Halbfinale um den 7DAYS EuroCup.

Spielerprofil Rokas Giedraitis

Rokas, Martin hat auf dem Fantalk nach dem Sieg gegen Malaga berichtet, du wärest beim Feiern in der Kabine der lauteste gewesen?

RG: Nein, überhaupt nicht, ihr dürft Martin nicht alles glauben! Es ist ja auch gar keine Zeit, groß zu feiern, denn schon am Dienstag geht es weiter und vorher spielen wir noch Bundesliga in Gießen. Natürlich sind wir stolz darauf, dass wir das Halbfinale mit einem Sieg gegen einen wirklich sehr starken Gegner erreicht haben, aber jetzt stehen wir vor der Aufgabe, noch mehr zu schaffen.

Wie hast du deinen entscheidenden „Fummel-Siegtreffer“ zum  78:75 erlebt?

RG: Da war auch viel Glück dabei, das muss ich zugeben. Der Ball prallte ab und da hatten dann vier oder fünf Leute ihre Hände im Spiel, aber niemand konnte sich den Ball so richtig sichern. Als er dann in meine Nähe kam, habe ich zugegriffen und ihn irgendwie in Richtung Korb geworfen. Ein richtig rausgespielter Wurf war das nicht, aber er ist reingegangen.

Das ganze Spiel war echte Nervensache. Aber am Ende hattet eher ihr die besseren Nerven und nicht die viel erfahreneren Spanier.

RG: Dass Malaga mehr Erfahrung hat als wir, hat sich für sie nur im ersten Spiel ausgezahlt, wo wir einen Vorsprung von fast zwanzig Punkten verspielt haben. Am Mittwoch in Berlin haben wir aber einen 13-Punkte-Rückstand aufgeholt und uns dabei ziemlich clever angestellt. Vor allem Niels, Joshi und Tim haben da in einer sehr kritischen Phase starke Nerven bewiesen. Ihre Dreierserie hat uns ins Spiel zurückgebracht.
 

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Und dann kam noch Coach Aitos Umstellung auf eine Zonenverteidigung.

RG: Mit dieser Umstellung haben wir Malaga richtig überrascht, sie standen ziemlich ratlos vor der Zone. Das war vor allem ein gutes Timing von Aito, denn einen solchen Schachzug darfst du nicht zu spät, aber auch nicht zu früh machen, denn irgendwann stellt sich jeder Gegner darauf ein und findet Antworten.

Der Termin war etwas ungünstig, aber die Zuschauer, die da waren, haben euch gut unterstützt.

RG: Als ich gesehen habe, dass fast alle Fans im letzten Viertel gestanden haben, um uns noch lauter anzufeuern, war ich beeindruckt und dankbar. Das hat uns in der Schlussphase sehr den Rücken gestärkt. Das weckt Emotionen und Energie, die du nur in einer solchen tollen Atmosphäre aktivieren kannst.

Hat sich also am Ende der Heimvorteil doch noch ausgezahlt?

RG: Auf jeden Fall. Wenn du zu Hause spielst, kommt da einiges zusammen - die Unterstützung durch die Zuschauer, kein Reisestress, du kannst vor dem Spiel im eigenen Bett schlafen. Ich bin sehr froh, dass wir diesen Heimvorteil jetzt auch gegen Andorra haben. Natürlich werden wir auch im Halbfinale mit viel Energie unser Spiel so gut wie möglich spielen müssen. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir jetzt auch Andorra schlagen können.

Auch, weil Andorra in der spanischen Liga schlechter dasteht als Malaga?

RG: Das darf man nicht überbewerten, weil die spanische Liga sehr ausgeglichen ist. Kuck dir mal die Resultate etwas näher an. Da schlägt auch der Vierzehnte schon mal Real Madrid oder Barcelona. Da sind auch die Teams im Mittelfeld hochkarätig besetzt und die schnelle spanische Spielweise ist momentan einfach sehr erfolgreich. Alle drei spanischen Vertreter haben sich im EuroCup für das Viertelfinale qualifiziert und in der EuroLeague spielen auch noch vier spanische Clubs.

Du warst der beste Scorer im EuroCup-TOP16. Merkst du, dass die Gegner jetzt in der Verteidigung mehr auf dich achten?

RG: Manchmal schon. Wenn der Gegner in der Defense switcht, merke ich immer öfter, dass mein Mann dann offenbar die Ansage hat, bei mir zu bleiben und nicht woanders auszuhelfen. Das passiert mir aber interessanterweise in der Bundesliga noch häufiger als im EuroCup. Aber das ist in Ordnung. Ich werte das als Anerkennung meiner Leistung. Meine Mitspieler finden ja trotzdem Wege, mich in eine gute Wurfposition zu bringen.

Ist es nicht komisch, dass du ein so begnadeter Offensivspieler bist, während dein Vater ein Defensivspezialist war?

RG: Ja, mein Vater war ein Verteidigungsspezialist, doch er war auch ein Point Guard. Ich spiele Forward, aber es stimmt, dass ich auch generell ganz anders veranlagt bin als er. Immerhin habe ich mir die Steals von ihm abgeguckt und auch das Kämpfen um jeden Ball. Mein Dad war auf dem Spielfeld auch ein großer Fighter, der nie aufgegeben hat.

Wenn man jetzt schon im Halbfinale steht, träumt man dann auch schon mal vom Cupgewinn?

RG: Zu Saisonbeginn waren es 24 zumeist sehr starke Teams im EuropCup und jetzt sind nur noch vier übrig. Es sind also schon eine ganze Menge starker Gegner auf der Strecke geblieben, wodurch sich unsere Chancen natürlich automatisch erhöhen. Aber wir sind mit unserer Devise, immer nur von Spiel zu Spiel zu denken, bisher so gut gefahren, dass es ein Fehler wäre, jetzt davon abzuweichen. Deshalb denken wir erst einmal nur bis zum Dienstag und noch lange nicht an ein mögliches Finale.