Für manchen mag das Spiel gegen Leverkusen nicht mehr als ein ganz normales Bundesligamatch sein. Für Calvin Oldham ist es ein ganz besonderes Spiel. Der 45-jährige US-Amerikaner spielte schließlich 1990/91 für ALBA, war von 1998 bis 2002 Head Coach von Bayer Leverkusen und ist seit der letzten Saison Associate Head Coach der Albatrosse.

Calvin, als ALBA und Bayer sich vor sieben Jahren zum letzten Mal in einem deutschen Finale gegenüberstanden, warst Du Trainer der Leverkusener ...

 

CO: Uh, das ist schon ganz schön lange her. Aber ich habe an diese Saison, die meine zweite in Leverkusen war, noch sehr gute Erinnerungen. Wir waren damals das Überraschungsteam der Saison, aber am Ende fehlte leider unser US-Center TJ Lux verletzt, weshalb wir im Finale mit nur einem Amerikaner gegen ALBA antreten mussten. Das erste Finalspiel in Berlin war noch sehr knapp, aber im zweiten Spiel haben wir dann eine richtige Packung gekriegt. In Spiel drei hat ALBA dann alles klar gemacht. ALBA war einfach sehr viel stärker und ausgeglichener besetzt und hatte mit Pesic einen super Trainer.

 

Außerdem hatte ALBA damals noch Wendell Alexis ...

 

CO: Genau, das ist für mich bis heute der beste Amerikaner, der je in der Bundesliga gespielt hat. Der hatte maßgeblichen Anteil daran, dass ALBA damals immer ganz oben stand. Seine mannschaftsdienliche Spielweise hat mir immer sehr imponiert. Der war nicht zu stoppen.

 

Pesic hat damals immer zu den anderen ALBA-Spielern gesagt: Wenn es kritisch wird, gebt den Ball einfach zu Alexis. Könnte ALBA heute auch so einen Go-to-Guy gebrauchen?

 

CO: Wir haben heute nicht den einen Go-to-Guy im Team. Wir haben zwar mit Chris Owens, Julius Jenkins oder William Avery Spieler im Team, die diese Rolle bei ihren früheren Teams gespielt haben. Die sind jetzt hier aber zu ALBA gekommen, um zu einer Mannschaft zusammenzuwachsen. Wir wollen nicht diesen einen Go-to-Guy haben, auf den sich die Gegner dann konzentrieren können.

 

Könnte man heute in der BBL überhaupt noch mit einem auf einen überragenden Leistungsträger zugeschnittenen Spiel erfolgreich sein?

 

CO: Ich glaube, das wäre sehr schwer. Die Verteidigung in der Liga ist sehr viel aggressiver und ausgeklügelter geworden. Die Mannschaften sind durchweg viel ausgeglichener besetzt. Natürlich wird es in jeder Mannschaft immer einen besten Spieler geben. Aber wenn man sich zu sehr auf nur einen Spieler verläßt, kann das heute sehr schnell schiefgehen, schneller als noch vor ein paar Jahren.

 

Man sieht immer vor den Auszeiten, wie Du mit Henrik Rödl kurz die Köpfe zusammensteckst. Was wird da eigentlich besprochen?

 

CO: Das kommt ganz darauf an, was im Spiel gerade passiert. Da gibt es immer irgendwelche Sachen , die ich gesehen habe und die Henrik vielleicht übersehen hat. Oder ich erinnere ihn an etwas, was wir vor dem Spiel besprochen haben. Jede Auszeit ist da anders.

 

Gibt es bei der Spielbeobachtung zwischen Euch eine Arbeitsteilung, wer speziell worauf achtet?

 

CO: Eigentlich nicht. Ich gehe gerne mit einem ganz offenen Kopf in das Spiel und achte ganz unvoreingenommen auf das, was im Spiel passiert. Da sieht man dann manche Sachen mitunter anders. Es würde ja auch nichts bringen, wenn Henrik und ich in den Spielen stets das gleiche sehen würden. Das macht ja gerade die Stärke einer solchen Konstellation aus, dass verschiedene Trainer verschiedene Sachen erkennen und ihre Beobachtungen dann zusammentragen.

 

Bist Du nach der ersten Saisonhälfte zufrieden mit der Entwicklung des neu zusammengestellten Teams?

 

CO: Seit Weihnachten bin ich sehr zufrieden. Ab da konnte man richtig sehen, wie die Mannschaft zusammengewachsen ist. In den ersten Monaten hat noch jeder Spieler vor allem um seine Rolle im Team gekämpft. Jeder wollte Leistungsträger oder Publikumsliebling sein, jeder wollte Punkte machen. Jetzt nach der Weihnachtspause agiert das Team endlich mehr als Einheit. Ich sehe uns jetzt auf einem guten Weg, ein sehr gute Mannschaft zu werden.

 

War die Niederlage in Bonn ein Rückschritt auf diesem Weg?

 

CO: Kein großer Rückschritt. Unsere Verteidigung war in Ordnung, aber Bonn hat sehr gut gespielt, hat uns mit sehr physischem Spiel aus dem Rhythmus gebracht. Dann hatten viele unserer Leistungsträger einfach einen schlechten Tag, haben ihre Würfe nicht getroffen. Vielleicht haben wir uns im Vorfeld zu lange über das Weiterkommen im ULEB Cup gefreut und waren nicht heiß genug auf Bonn, obwohl wir doch eigentlich nach der Hinspielniederlage etwas gutzumachen hatten. Jetzt müssen wir am Mittwoch gegen Leverkusen voll da sein. Das sind auch alte Rivalen, die gegen uns immer hochmotiviert sind. Wir dürfen uns nicht gleich noch einmal so die Butter vom Brot nehmen lassen, schon gar nicht in eigener Halle.