Der 26. Spieltag der Turkish Airlines EuroLeague schickt uns am Donnerstag (27.2., 20 Uhr) mit dem Tabellenführer Anadolu Efes Istanbul (22:3 Siege) das aktuell beste Team des Kontinents in die Mercedes-Benz Arena. Zwar hatte unser Team den türkischen Meister am zweiten Spieltag in Istanbul beim 105:106 nach Verlängerung schon am Rande einer Niederlage. Aber um den zuletzt mit 18 Siegen aus 19 Spielen stark in Fahrt gekommenen Titelfavoriten erneut in Bedrängnis zu bringen, müssen die Albatrosse im Rückspiel wohl noch mehr über sich hinauswachsen als vor viereinhalb Monaten.

Tickets ALBA - Efes Istanbul (Do. 27.2. 20 Uhr)

Trainer Ataman macht Efes in der Türkei wieder zur Nr. 1

Der Höhenflug von Anadolu Efes begann bereits in der vergangenen Saison, als der frühere Serienmeister nach neun titellosen Jahren ein sensationelles Comeback erlebte. Zur Erinnerung: Das 1976 am Bosporus als reiner Basketballclub gegründete Efes hatte 1996 mit dem Korac Cup als erster türkischer Club einen europäischen Titel gewonnen und in den folgenden Jahren die Türkei sehr erfolgreich auch in der Europaliga vertreten, verlor aber nach 2009 seine Vormachtstellung in der Türkei an Fenerbahce, das - durch die Efes-Erfolge aufmerksam geworden – verstärkt auch in den Basketball investierte.

Vor diesem Hintergrund war es natürlich für die türkische Trainerlegende Ergin Atman, ein besonders großer Coup, dass er 2019 mit Anadolu Efes nicht nur sensationell erstmals das Final Four der EuroLeague erreichte, sondern dort im Halbfinale auch den (deutlich finanzstärkeren) Erzrivalen Fenerbahce aus dem Rennen warf. Zwar unterlag Efes dann im Finale ZSKA Moskau, aber das war schnell vergessen, denn Efes triumphierte auch im Playoff-Finale um die türkische Meisterschaft mit 4:3 über Fenerbahce.

Vasilije Micic bildet mit Shane Larkin kongeniales Guard-Duo

Dabei zog der in der Türkei als Meister der psychologischen Kriegsführung gefeierte Ataman auch in der dramatischen Finalserie gegen Fenerbahce alle Register. Aber man muss dem Efes-Trainer auch zugestehen, dass er bei der Zusammenstellung der neuen Efes-Mannschaft ein sehr gutes Händchen bewiesen hat. Auch die modernere schnelle Spielweise, die Ataman dem Team verordnet hat, funktioniert sehr gut. Das im Sommer nahezu komplett zusammengebliebene und entsprechend eingespielte Anadolu Efes ist in dieser Saison mit attraktivem Spiel nicht nur das erfolgreichste Team der EuroLeague, sondern auch das offensivstärkste.

Angetrieben wird Efes von den beiden sehr unterschiedlichen, aber sich kongenial ergänzenden und gleichermaßen korbgefährlichen Spielmachern Shane Larkin und Vasilije Micic. Zwar droht der mit seinen Dreiern alle Rekorde brechende pfeilschnelle US-Guard gegen ALBA mit einer Knöchelverletzung auszufallen. Aber auch der 15 Zentimeter größere Vasilije Micic harmoniert im Pick&Roll perfekt mit seinen langen Mitspielern und trifft die Dreier hochprozentig. Der Serbe, der sich als junger Guard vor fünf Jahren beim FC Bayern noch nicht durchsetzen konnte, zählt heute mit 25 Jahren schon zu den besten Point Guards in Europa.

Krunoslav Simon: Der routinierte Allrounder auf dem Flügel

Im Schatten dieses wohl besten Guard-Duos der EuroLeague spezialisiert sich der türkische Nationalspieler Dogus Balbay in seiner neunten Saison für Efes mit großer Leidenschaft auf die Verteidigung der gegnerischen Guards, während Rodrigue Beaubois seine größten Stärken in der Offensive hat. Der in Guadeloupe geborene 32-jährige Franzose, der von 2009 bis 2013 an der Seite von Dirk Nowitzki für die Dallas Mavericks in der NBA spielte und dabei in einem Spiel gegen die Golden State Warriors 40 Punkte markierte, kann auch heute noch mit seinem schnellen ersten Schritt, speziell aber an der Dreierlinie jederzeit gefährlich heiß laufen.

Auch auf dem Flügel vertraut Trainer Ataman in dieser Saison mit Krunoslav Simon und James Anderson dem in der vergangenen Saison mit großer Korbgefährlichkeit an der Dreierlinie bewährten Personal. Simon, mit seinen 34 Jahren der erfahrenste Spieler im Team, ist aber noch viel mehr als ein verlässlicher Schütze. Der kroatische Allrounder kann dank großer Spielübersicht auch wie ein Spielmacher den Ball bringen und seine Mitspieler mit klugen Pässen in Szene setzen. Der athletischere Anderson setzt sich auch am Brett durch und ist mit seinen langen Armen für die Gegner ein sehr unbequemer Verteidiger.

Power Forward Chris Singleton trifft jeden zweiten Dreier

Auf der Position vier gibt es bei Efes in dieser Saison neben dem nach viermonatiger Verletzung erst vor wenigen Wochen wieder zurückgekehrten Adrien Moerman mit Chris Singleton (kam vom FC Barcelona) und Alex Peters (kam vom EuroLeague-Champion ZSKSA Moskau) die beiden einzigen neuen Gesichter im Team. Wie der reboundstarke Franzose reihen sich natürlich auch die beiden neuen US-Power Forwards als gefährliche Distanzwerfer in das mit einer Quote von 42 Prozent beste Dreier-Team der EuroLeague ein. Der athletische Singleton zählt mit einer Quote von 49 Prozent sogar zu den zehn besten Dreierschützen in der EuroLeague.

Unter dem Korb musste Efes seit November ohne seinen mittlerweile genesenen US-Center Bryant Dunston auskommen. Dass dieser viermonatige Ausfall sich nicht negativ auf die Bilanz ausgewirkt hat, verdankt Efes neben dem korbgefährlichen Sertac Sanli (2,12 Meter) vor allem Tibor Pleiß. Zwar verkörpert der Deutsche mit 2,21 Metern einen ganz anderen Centertyp als der athletische und agile Dunston (2,03 Meter). Aber das hat Pleiß nicht davon abgehalten, sich mit seiner weichen – bis hinter die Dreierlinie reichenden – Hand und einer für einen so großen Spieler bemerkenswerten Beweglichkeit offensiv und defensiv bei Efes als Starting Center zu bewähren.

Vor einer Woche auch ohne Shane Larkin 88:63 in München

Im Hinspiel gegen ALBA hatte Efes-Spielmacher Shane Larkin 26 Punkte erzielt und beim 104:75-Sieg über Bayern München mit 49 Punkten (10/12 Dreier) sogar einen neuen EuroLeague-Rekord aufgestellt. Umso größer war die Spannung an der Isar vor dem Rückspiel, das die Türken in der vergangenen Woche ohne den verletzten US-Amerikaner bestreiten mussten. Aber schon zur Halbzeit zeichnete sich ab, dass der EuroLeague-Tabellenführer auch ohne seinen MVP-Kandidaten für die Bayern eine Nummer zu groß war. Am Ende gewann Efes in München mit 15/30 Dreiern und 22 Assists bei nur elf Ballverlusten deutlich 88:63. Rodrigue Beaubois (16), Chris Singleton (14), Krunoslav Simon (11) und Tibor Pleiß (10) waren die Topscorer.

Efes spielte die EuroLeague-Rückrunde bisher in folgender Aufstellung (in Klammern die gerundeten EuroLeague-Stats 2019/20):
PG: Shane Larkin (30 min, 22 p, 4 as), Dogus Balbay (8 min)
SG: Rodrigue Beaubois (21 min, 9 p, 2 as), Vasilije Micic (30 min, 14 p, 6 as)
SF: James Anderson (14 min, 3 p, 3 rb), Krunoslav Simon (23 min, 9 p, 4 rb, 3 as)
PF: Chris Singleton (26 min, 8 p, 5 rb), Alec Peters (15 min, 5 p), Adrien Moerman (12 min)
C: Tibor Pleiß (18 min, 9 p, 4 rb), Sertac Sanli (13 min, 8 p, 5 rb)
In Berlin wird der am Knöchel verletzte Shane Larkin voraussichtlich noch nicht wieder auflaufen können. Dafür steht der im November verletzte US-Center Bryant Dunston zumindest wieder im Aufgebot.

Gut zu wissen:
 

US-Power Forward Chris Singleton kam nach drei NBA-Jahren zur Saison 2015/16 nach Europa und erlebte gleich in seiner ersten Saison diesseits des Atlantiks einen Karrierehöhepunkt, als er sich mit Lokomotiv Kuban für das EuroLeague Final Four in Berlin qualifizierte. Allerdings verlor Loko, das damals auch Malcolm Delaney und Anthony Randolph im Aufgebot hatte, das Halbfinale in der Mercedes-Benz Arena gegen den späteren Champion ZSKA Moskau 81:88. Loko musste sich mit 85:75-Sieg im „kleinen Finale“ um den dritten Platz gegen Baskonia Vitoria trösten.

In dieser Saison findet das Final Four bekanntlich in Köln statt, was natürlich vor allem den deutschen Center von Anadolu Efes, Tibor Pleiß, anspornt. Schließlich lernte der vor den Toren Kölns in Bergisch Gladbach geborene Center sein Basketball-Einmaleins unter Trainer Sasa Obradovic bei den Köln 99ers und ist damit am Rhein zu Hause. Bereits im Vorjahr spielte der 2,21 Meter große Riese als vierter Deutscher nach Chris Welp, Michael Koch und Patrick Femerling in Vitoria sein erstes Final Four, wo Efes aber im Finale ZSKA Moskau 83:91 unterlag.

ALBA hat in der EuroLeague auswärts mehr Siege (fünf) als in Berlin (vier) errungen. Eine Erklärung dafür ist, das ALBA auch viel öfter auswärts gespielt hat und sich deshalb jetzt auf das „dicke Ende“ freuen kann: Von den noch ausstehenden neun Spielen finden sechs in der Mercedes-Benz Arena statt. Nach Efes Istanbul kommen noch Barcelona (4.3.), Panathinaikos (19.3.), Valencia (26.3.), ASVEL (2.4.) und Khimki (10.0.) nach Berlin. Auswärts muss ALBA nur noch in Vitoria (6.3.), bei ZSKA Moskau (12.3.) und in München (24.3.) antreten.

Anadolu Efes Istanbul (Turkish Airlines EuroLeague 2019/2020)

Nr.

Name

Pos.

Alter

cm

Nat.

EL

Pkt/Sp

Rb/Sp

As/Sp

0

Shane Larkin (verletzt)

1

27

182

USA

2 J.

22,0

3,2

4,0

1

Rodrigue Beaubois

2

32

195

FRA

4 J.

9,4

1,7

1,7

2

Chris Singleton

4

30

206

USA

4 J.

8,3

4,5

1,0

3

Yigitcan Saybir

3

21

203

TUR

1 J.

0,0

0,0

0,0

4

Dogus Balbay

1

31

185

TUR

8 J.

1,3

1,0

0,9

8

Tolga Gecim

3

23

206

TUR

---

0,3

0,6

0,7

10

Ömercan Ilyasoglu

1

19

195

TUR

---

0,0

1,0

0,0

15

Sertac Sanli

5

28

212

TUR

2 J.

7,7

2,4

0,4

18

Adrien Moerman

4

31

202

FRA

6 J.

3,3

2,1

0,4

19

Bugrahan Tuncer

2

26

193

TUR

1 J.

2,9

0,4

1,6

21

Tibor Pleiß

5

30

221

GER

8 J.

9,0

4,1

0,4

22

Vasilije Micic

1

26

196

SRB

4 J.

14,2

2,5

5,7

23

James Anderson

3

30

198

USA

4 J.

3,4

3,2

0,4

25

Alec Peters

4

24

206

USA

1 J.

4,5

2,2

0,6

42

Bryant Dunston

5

33

203

USA

6 J.

11,4

6,6

2,0

44

Krunoslav Simon

2

34

197

CRO

7 J.

8,9

4,0

2,8

Head Coach: Ergin Ataman (54 Jahre, TUR, 13. Europaliga-Saison, die mit Unterbr. sechste mit Efes)
Assistenztrainer: Tomislav Mijatovic (CRO), Yakup Sekizkök (TUR), Cenk Yildirim (TUR)

ALBA-Bilanz gegen Anadolu Efes: 1:10
1 Sieg – 10 Niederlagen (in Berlin 1:4)
- alle Spiele in der Europaliga/EuroLeague -
Höchster Sieg: 77:61 am 4. Februar 2004 in Berlin
Höchste Niederlage: 63:84 am 10. Oktober 2002 in Berlin

Stimmen zum Spiel:
 

Aito Garcia Reneses (ALBA-Cheftrainer): „Im Hinspiel, das wir in Istanbul erst in der Verlängerung verloren haben, konnten wir Efes noch überraschen. Aber mittlerweile wissen alle unsere Gegner, dass wir in jedem Spiel bis zum Ende kämpfen und auch Efes weiß, dass sie in Berlin ein schwieriges Spiel erwartet. Wie in vielen Spielen zuvor fehlen uns mehrere verletzte Spieler. Man hat in jedem Spiel Möglichkeiten zu gewinnen, aber gerade in unserer aktuellen Situation ist Siegen nicht das Wichtigste für mich. Mir ist vor allem wichtig, dass wir mit den uns zur Verfügung stehenden Spielern unser Maximum rausholen.“

Martin Hermannsson (ALBA-Guard): „Trotz so vieler Verletzungsprobleme haben wir zuletzt ein paar knappe Spiele gewonnen, was uns in der Hinrunde noch nicht gelungen war. Hätten wir das etwas früher gelernt, könnten wir jetzt sogar auf einem Playoff-Platz stehen. Aber so oder so ist das mit Blick auf die verbleibenden Spiele ein gutes Zeichen. Wir wussten, dass wir einige EuroLeague-Spiele wegen fehlender Erfahrung verlieren würden, aber fühlen uns jetzt bereit, es besser zu machen. Efes ist natürlich eine riesige Herausforderung. Die haben schließlich in der vorigen Woche sogar ohne Shane Larkin in München bewiesen, dass sie verdient die Nummer eins in der EuroLeague sind.“