Martin Hermannsson war nach dem neuerlichen Ausfall von Peyton Siva in der vergangenen Woche beim Auswärtsspiel in St. Petersburg einmal mehr doppelt gefordert. Dabei machte der isländische Spielmacher beim Berliner 83:81-Sieg mit 24 Punkten und sieben Assists einen so guten Job, dass er von der EuroLeague zum MVP des 25. Spieltags gekürt wurde. Martin ist nach Luka Sikma (9. Spieltag) erst der zweite Albatros, dem diese Auszeichnung in dieser Saison zuteil wurde.

Martin, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung als Spieltags-MVP. Du hast doch nach dieser starken Vorstellung sicher auch Gratulationen aus Island erhalten?

MH: Ja, das hat mir in Island viele Schlagzeilen und Meldungen in allen möglichen Medien eingebracht – auch, weil ich der erste Isländer bin, dem das in der EuroLegaue gelungen ist. Darauf bin ich schon ein bisschen stolz.

Dabei standest du in dem Spiel für viele überraschend gar nicht in ALBAs erster Fünf?

MH: (lacht) Ja, Aito hat da alle überrascht, als er vor dem Spiel nicht mich (Nr.15), sondern Kreso Nikic (Nr.16) als startenden Spielmacher angekreuzt hat. Ich glaube, er hat vor dem Ankreuzen einfach vergessen, seine Brille aufzusetzen. Aber das hat uns ja nicht geschadet und am Ende konnten wir alle über die Verwirrung in den ersten Minuten lachen. Aber wer weiß? Vielleicht wollte Aito damit auch die Russen überraschen oder er wollte Kresos Ballhandling-Skills mal austesten? Warten wir mal ab, ob ich am Donnerstag gegen Efes in der ersten Fünf stehe ...

Planst du vor dem Spiel die ersten Plays oder improvisiserst du da?

MH: Beides. Natürlich überlege ich mir vorher, was gegen den jeweiligen Gegner funktionieren könnte, aber man muss auch abwarten, was sich dann konkret im Spiel ergibt. Das Spiel ist heute so schnell, dass du da als Spielmacher auch deinem Instinkt folgen musst.

Das war jetzt schon ALBAs vierter knapper Auswärtssieg in der EuroLeague-Rückrunde. In der Hinrunde habt ihr diese engen Spiele fast alle verloren. Ist das eine Frage der Erfahrung?

MH: Irgendwie muss das mit unserer gewachsenen Erfahrung zusammenhängen, denn anders kann man es eigentlich nicht erklären, dass wir diese Spiele trotz so vieler verletzt ausgefallener Spieler gewonnen haben. Hätten wir das etwas früher gelernt, könnten wir jetzt sogar auf einem Playoff-Platz stehen. Aber so oder so ist das mit Blick auf die verbleibenden Spiele ein gutes Zeichen. Wir wussten, dass wir einige EuroLeague-Spiele wegen fehlender Erfahrung verlieren würden. Aber jetzt fühlen wir uns bereit, es besser zu machen. Wenn wir so weiter machen, stehen wir am Ende besser da als nach der Hinrunde.
 

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Es stehen ja immerhin noch neun Spiele auf dem Programm, von denen ALBA sechs in der Mercedes-Benz Arena spielt …

MH: Ja, das ist natürlich sehr angenehm. Zu Hause sind die Siegchancen immer größer, obwohl man natürlich einräumen muss, dass uns da bei unseren Heimspielen noch einige Schwergewichte ins Haus stehen. Aber auf der anderen Seite haben wir bewiesen, dass wir uns in der EuroLeague vor keinem Gegner verstecken müssen. Ich denke, dass wir auch noch eines der ganz großen Topteams schlagen können. Wie in der Bundesliga sind auch in der EuroLeague immer Überraschungen möglich.

Am besten fangt ihr gleich gegen Efes damit an, die ja wohl ohne ihren Topscorer Shane Larkin nach Berlin kommen.

MH: Der Ausfall eines so überragenden Spielers ist natürlich eine Schwächung. Aber Efes bleibt trotzdem eine riesige Herausforderung. Die haben schließlich in der vorigen Woche sogar ohne Shane Larkin in München bewiesen, dass sie verdient die Nummer eins in der EuroLeague sind. Die haben kaum Schwächen und haben auf allen Positionen erfahrene Spieler. Viele von ihnen haben schon in der NBA gespielt. Um die zu schlagen, werden wir mit den Fans im Rücken unser bestes Spiel spielen müssen.

Im Hinspiel wart ihr ganz nahe an der Überaschung dran und habt erst in der Verlängerung verloren?

MH: Das macht uns natürlich Mut, obwohl das natürlich am zweiten Spieltag war und Efes mittlerweile ein besseres Team ist. Aber wir haben uns ja auch verbessert.

In welchem Aspekt habt ihr euch am meisten verbessert?

MH: Ich glaube, der Kern der Mannschaft ist stabiler geworden. Gerade über die vielen Verletzungen haben alle gelernt, in verschiedenen Rollen Verantwortung zu übernehmen. Auch die neuen Spieler sind jetzt integriert. Mein großer Wunsch ist es, dass irgendwann in dieser Saison mal alle Spieler gesund sind. Ich würde sehr gerne sehen, was dann alles möglich ist.

Der Pokalsieg hat dich auf den Geschmack gebracht?

MH: Das war eine unglaubliche Erfahrung, die ich nur zu gerne in den Playoffs wiederholen möchte. Wenn ich mir die BBL angucke, denke ich, dass wir in dieser Saison wirklich eine Chance haben, auch Meister zu werden. Sicher haben die Bayern immer noch den hochkarätigsten Kader, aber zumindest aktuell sind sie nicht so gefestigt wie gewohnt.

Aber erst einmal nehmt ihr euch Efes vor?

MH: Klar, bis zu den BBL-Playoffs ist es ja noch ein langer Weg. Jetzt gehört unsere volle Aufmerksamkeit dem Spiel gegen Efes und anschließend dem Spiel am Sonntag gegen Bamberg, die gegen uns immer doppelt motiviert sind. Ein Spiel nach dem anderen!