Am Dienstag ist ALBAs Vizepräsident und China-Botschafter Henning Harnisch gemeinsam mit Jugend-Coach Norbert Opitz nach China gereist, um hier den Austausch zwischen deutschen und chinesischen Basketballern weiter voranzutreiben. Für Harnisch ist es bereits der fünfte Besuch im "Reich der Mitte". Über seine Ziele, Erfahrungen und Projekte vor Ort spricht er im Interview.

Henning, nach vier China-Besuchen kennst du das Land und seine Basketball-Kultur schon sehr gut. Was steckt hinter den regelmäßigen Besuchen?

Henning Harnisch: Wenn man einen Austausch wirklich ernst nimmt und Basketball als ein Medium begreift, Menschen in Kontakt zu bringen, muss man sich mit den Leuten vor Ort austauschen und schauen, wie es funktionieren kann. Das geht nicht durch ein einmaliges Treffen. Das muss wachsen. Nach meinen ersten Besuchen geht es jetzt darum, Leute, die man kennengelernt hat wiederzutreffen, um miteinander Projekte umzusetzen oder vorzubereiten. Dadurch wächst die Idee. Wenn wir am 1. November in Shanghai einen Vertrag mit dem Shanghaier Basketball Verband unterzeichnen, schaffen wir damit eine Grundlage für weiteren Austausch. Es ist großartig, dass wir für die Partnerschaft auch den Berliner Basketball Verband gewinnen konnten mit Präsident Stephan Herwig, der in Shanghai dabei ist. Auf der anderen Seite ist die Vertragsunterzeichnung ein Resultat des Kennenlernens in den vergangenen Monaten. Dadurch wurde Vertrauen geschaffen. Ich habe mir das Training an Shanghaier Schulen angeschaut, mich mit Trainern, Funktionären und Spielern ausgetauscht. Das alles ist Grundlage dafür, dass sich schließlich die austauschen, um die es eigentlich geht: Kinder, Jugendliche, Schüler, Lehrer, Trainer und Studenten.

Welche konkreten Projekte wirst du auf deiner Reise umsetzen?

Das ALBA-Turnier mit der Deutschen Schule in Peking ist ein gutes Beispiel. Vor einigen Monaten haben wir ein ALBA-Camp mit der Schule veranstaltet (siehe Foto), zusammen mit einer chinesischen Schule, an der man Deutsch lernen kann. Nun werden wir ein Basketballturnier organisieren, um einen Austausch mit anderen chinesischen Schulen etablieren zu können, die auch ein Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache haben. Die Idee ist ja immer, nachhaltige Projekte zu schaffen. Wir machen nie Sachen einmalig. Es ist ein Startschuss für jedes Jahr. Ich fahre dieses Mal auch wieder nach Shanghai, um das zweite Turnier an der Deutschen Schule dort im kommenden Mai vorzubereiten. Wir nutzen den Basketball, um Schüler, Studenten, Vertreter von Verbänden und Proficlubs miteinander zu verbinden. Auf allen Ebenen kann Basketball eine wichtige Rolle spielen.

ALBA spricht dabei Bildungsinstitutionen an, die bereits einen Bezug zu Deutschland haben wie die Deutschen Schulen oder das Chinesisch-Deutsche Hochschulkolleg an der Tongji-Universität in Shanghai. Warum?

Basketball kann ein Medium für Dialog sein. Das ist der Kern. Wenn jedes Jahr rund 1000 chinesische Austauschstudenten in Berlin studieren, gibt es definitiv einige Basketballverrückte, die mit dem Basketball im Gepäck oder im Kopf nach Berlin reisen. Wir wollen vor Ort aktiv werden an den renommierten Universitäten, an denen sich chinesische Studenten auf ihren Deutschlandaufenthalt vorbereiten. In China informieren wir sie, wer wir sind und welche Basketballangebote es in Berlin gibt. Zusammen mit den Berliner Hochschulen begrüßen wir die Studenten dann hier und planen ein Starttraining mit ihnen. Wir wollen über das Jahr hinweg mit ihnen leben und ihnen zeigen, welche Formen von Basketball es in der Stadt gibt. Ob es Hochschulsport-Basketball ist oder Vereinssport-Basketball ist. Es kann so weit gehen, dass wir mit ihnen zusammen kochen. Wir gehen zu Profispielen in die o2 World. Wir machen Extra-Techniktraining.

Wirst du dir die Universitäten in China während deiner Reise noch genauer anschauen?

Wir hatten bereits an der Fudan- und Tongji-Universität Shanghais im Mai ein Streetball-Turnier (siehe Foto), was im Zuge der Deutschen Woche am 8. November auf dem Chinesisch-Deutschen-Campus wiederholt wird. Auch in Peking wollen wir in Zukunft eine ähnliche Zusammenarbeit etablieren. In der chinesischen Hauptstadt lerne ich daher die Basketballmannschaft und die Verantwortlichen der Beijing University kennen.


Wie wird ALBA oder der deutsche Basketball eigentlich in China wahrgenommen? Welche Erfahrungen hast du gesammelt?

Wenn sich Basketballer treffen, ist da ein Grundverständnis. Mir sieht man halt den Basketballer hoffentlich noch ein bisschen an. Die Leute freuen sich. Ich nehme die chinesische Basketballgesellschaft als extrem offen, nett und freundlich wahr. Es ist nicht so, dass der deutsche Basketball in China per se ein großes Thema ist. Daher haben wir auch das Thema Ausbildung zu einem unserer Schwerpunkte erklärt. Auf der Ebene gibt es eine Offenheit und großes Interesse, voneinander zu lernen und auch Dinge miteinander zu machen. Deutschland genießt hier in China einen sehr guten Ruf. Ein Ansatz ist, Sprache und Kultur durch den Basketball zu lernen. Als ein Beispiel in Berlin dient das, was wir derzeit mit dem Schliemann-Gymnasium machen. Dort gibt es ein Wahlpflichtfach „American Basketball“, um durch Basketball die Kultur, Sprache und Geschichte eines Landes zu lernen. Ähnliche Ansätze lassen sich durchaus auf Shanghai und Peking übertragen: Warum nicht Deutsch lernen durch Basketball?

Wie offen sind deine chinesischen Ansprechpartner gegenüber den Ideen ALBA BERLINs?

Es geht nie darum etwas aufsetzen, sondern immer darum vorzustellen, kennenzulernen und auszuhandeln, was man miteinander machen könnte. Ideen spinnen. Man sagt nie: Das muss so und so laufen. Man schaut erst einmal, was vor Ort läuft. Ziel ist immer, und so war es auch beim Aufbau der ALBA Jugend, Praxis herzustellen.

Ein ganz konkretes Beispiel ist der erste ALBA-Jugendcoach in Hongkong. Du wirst Thomas Vogel zum Ende deiner Reise besuchen. Welchen Eindruck hast du vom Start seines einjährigen China-Austausches?

Die Schulvertreter der Deutsch-Schweizerischen Internationalen Schule lernte ich vor etwa einem Jahr kennen und habe ihnen die Idee vorgestellt, wie bei „ALBA macht Schule“ einen professionellen Trainer in den Schulunterricht einzubauen. Toll ist, dass das nun wirklich real wird. Dass Tommy Vogel (siehe Foto unten) einen Flug bucht und nach Hongkong reist, eine Wohnung findet. Und dass nach seinen ersten Wochen alle von seiner Arbeit begeistert sind. Das ist die Grundlage von all dem, was wir hier tun. Praktischen Austausch schaffen, Menschen kennenlernen und eine Brücke bauen, sich ein Stück näher zu kommen.

Mehr zur Arbeit von Thomas Vogel an der Deutsch-Schweizerischen Internationalen Schule in Hongkong