Eigentlich wollten wir Martin Hermannsson schon viel früher an dieser Stelle im Interview vorstellen, aber bevor es dazu kam, warf ihn seine Verletzung für mehrere Wochen aus der Bahn. Sein großartiges Comeback beim 108:96 gegen Gießen mit 19 Punkten und drei Assists ist jetzt aber ein optimaler Anlass, unseren Isländer endlich zu Wort kommen zu lassen.

Spielerprofil Martin Hermannsson

Martin, gleich im ersten Spiel nach einer Verletzung mit 19 Punkten Topscorer zu sein, war sicher ein tolles Erlebnis?

MH: Das war natürlich großartig. Wenn du verletzt zuschauen musst, sehnst du dich als Spieler so sehr danach, wieder mitspielen zu können. Wenn es dann gleich im ersten Spiel so gut für dich läuft, ist das einfach ein überwältigendes Erlebnis.

Das Match gegen die wilden Gießener war dabei ein alles andere als einfaches Spiel, das du dir da für dein Comeback ausgesucht hast?

MH: Wir hatten uns in der Vorbereitung sehr darauf konzentriert, wie wir John Bryant stoppen konnten. Er spielt ja normalerweise eine zentrale Rolle bei Gießen. Dass dieser so dominante Center dann gar nicht gegen uns aufgelaufen ist, hat unser Konzept etwas durchkreuzt, weil die Gießener ohne ihn ganz anders als erwartet gespielt haben. Das ist ja oft so, dass alle doppelt konzentriert sind, wenn ein wichtiger Leistungsträger fehlt. Die haben auch richtig schwierige Würfe getroffen und wir waren am Ende richtig froh, dieses Spiel trotzdem zu gewinnen. 

Coach Aito hat nach dem Spiel gesagt, dass er dich eigentlich noch nicht wieder bei hundert Prozent sieht und dass du solche Zahlen wohl jetzt nicht gleich sofort in jedem Spiel wirst wiederholen können?

MH: Der Coach hat ja in der Regel Recht, aber diese Aussage stachelt mich jetzt schon an, ihm zu beweisen, dass er in diesem Fall falsch liegt (lacht). Natürlich kamen die 19 Punkte auch für mich überraschend und ich gehe auch nicht davon aus, dass ich das jetzt in jedem Spiel wiederholen werde. Ich hatte vorher ja gerade erst wieder zwei gemeinsame Trainings mit der Mannschaft absolviert und beim Aufwärmen hat mein Knöchel auch wieder etwas geschmerzt. Da musste ich schon die Zähne etwas zusammenbeißen. Aber es hat sich gelohnt. Nach dem Spiel waren alle Schmerzen weg.

Hast du denn während deiner Verletzung die Chance genutzt, Berlin etwas näher kennenzulernen?

MH: Nein, ich habe sorgfältig darauf geachtet, meinen verletzten Knöchel nicht zu sehr zu belasten. Ich habe die meiste Zeit mit meiner Familie zu Hause verbracht. Wir sind nur ein paar mal ins Restaurant gegangen. Ich denke, dass ich die Stadt erst erforsche, wenn es wieder etwas wärmer wird.
 

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Du bist gerade zum dritten Mal in deiner Heimat Basketballer des Jahres geworden?

MH: Das ist eine große Ehre und macht mich sehr stolz, denn obwohl Island ein kleines Land ist, gibt es da viele gute Spieler. Dass man mich jetzt für den Besten hält, zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Mein Ziel ist es jetzt, diese Auszeichnung auch in den kommenden zehn Jahren zu erhalten.

Stimmt, dein Vorgänger Jon Stefansson, der übrigens auch einmal in Deutschland (Trier) gespielt hat, war 13 Mal Islands Basketballer des Jahres ...

MH: Ja, wir sind übrigens sehr gute Freunde. Jon war beim Spiel gegen Lokomotiv-Kuban in Berlin und war sehr traurig, dass ich da nicht mitspielen konnte. Vielleicht schafft er es jetzt, wo ich wieder gesund bin, noch einmal zu einem Spiel zu kommen. Er hatte eine großartige Karriere und war immer mein großes Vorbild, weil er wie ich auch auf den Positionen eins und zwei gespielt hat.

Du hast bei ALBA bisher zumeist die Zwei gespielt. Aber jetzt nach der neuen Verletzung von Peyton Siva wirst du wohl mehr auf die Spielmacher-Position rücken müssen, was dir ja nicht unbekannt ist?

MH: Nein, ich war in den vergangenen beiden Jahren sogar der erste Point Guard von Chalons-Reims in der französischen Liga. Deshalb denke ich, dass das für mich keine so schwere Umstellung wird. Als Spielmacher muss ich nur unsere Plays noch ein bisschen mehr verinnerlichen und ich muss mehr darauf achten, das Spiel zu kontrollieren. Als Point Guard kannst du nicht so einfach drauf los spielen. Wenn der Coach mich auf die Eins stellt, dann werde ich mich dementsprechend umstellen.

Zum Glück bist du ja nicht der einzige Albatros, der diese Position bekleiden kann. Du hast noch Stefan und Jonas an deiner Seite?

MH: Die beiden haben das zuletzt richtig gut gemacht. Das ist wirklich toll bei unserem Team wie immer, wenn jemand verletzt ausfällt, andere in die Bresche springen. Stefan agiert mit seinen 21 Jahren schon so souverän und auch Jonas spielt wie ein Dreißigjähriger.

Beim Pokalspiel in München konnte man sehen, dass du Jonas direkt vor dem Spiel noch ein paar Tipps mit auf den Weg gegeben hast?

MH: Ich habe ihm geraten, er soll einfach aufs Parkett gehen und so spielen, wie er das immer in der ProB und in der NBBL tut. Ich habe ihn darauf vorbereitet, dass die Bayern womöglich versuchen würden, speziell ihn aus dem Spiel zu nehmen und dass er deshalb selbst umso aggressiver agieren und seine offenen Würfe nehmen müsse, damit sie Respekt vor ihm bekommen. Das hat er perfekt umgesetzt.

Im EuroCup-TOP16 spielt ALBA jetzt das erste Spiel gegen Monaco, die du ja aus der letzten Saison in Frankreich noch kennen müsstest. Was erwartet uns da?

MH: Ich habe keine guten Erinnerungen an  Monaco, denn in der vergangenen Saison habe ich mit Chalons-Reims beide Punktspiele gegen die verloren. Sie haben jetzt einen neuen Coach, der wohl noch mehr Fokus auf die Verteidigung legt. Was den Kader betrifft, hatten sie schon im vergangenen Jahr viele gute Schützen, die alle heiß laufen können. Zwei von denen haben ja früher auch einmal für ALBA gespielt. Die werden sicher besonders motiviert sein. Ich denke, dass wir diesen Gegner nur mit einer sehr guten Verteidigung schlagen können.