Es ist kein Geheimnis, dass Basketballer groß sind. Aus einer Gruppe normalgroßer Menschen, stechen die meisten von ihnen deutlich heraus. Soweit so normal. Hin und wieder aber, da gibt es auch solche Basketballer, die sogar inneralb einer Ansammlung ihresgleichen auffallen. Einer von ihnen ist Landry Nnoko. Das Bemerkenswerte: Nnoko gehört gar nicht zu den ganz Großen, wenn man nach Basketballstandards misst. Vielmehr ist es eine Kombination aus seinen 2,08 Metern Körpergröße, seinen langen Armen und dem kräftigen Körper, die Nnoko herausstechen lassen, wenn er sich unter seinesgleichen auf dem Parkett bewegt.

Seit knapp zwei Monaten fällt Landry Nnoko bei ALBA in Berlin auf. Während manch ein Profi so seine Zeit braucht, um sich an neue Teams, Städte und Kulturen zu gewöhnen, tut Nnoko dies nicht. Seitdem er im Dezember einen Vertrag bis 2020 unterschrieben hat, ist er überraschend schnell in Berlin angekommen. Ein Umstand, der auch damit zusammenhängt, dass der neuste Albatros bereits als 15-Jähriger aus seiner kamerunischen Heimat wegging und sich so zwangsläufig früh im Akklimatisieren und Umgewöhnen erproben musste.
 

Geboren und aufgewachsen ist Landy Christ Nnoko im kamerunischen Yaounde. „Eine typische afrikanische Großstadt“, sei die Hauptstadt des in Zentralafrika gelegenen Landes laut Nnoko. „Zwar nicht so industrialisiert wie Berlin, aber immerhin das politische Zentrum Kameruns. Einfach ein cooler, entspannter und für mich sehr vertrauter Ort.“ Daran hat sich auch nichts geändert, nachdem Nnoko Yaounde schon als Teenager verlassen hat. Gerade einmal 15 Jahre war Nnoko alt, als er sich dazu entschloss, Familie und Heimat hinter sich zu lassen und in das 10.000 Kilometer entfernte Montverde im US-Bundesstaat Florida zu gehen. Hilfe bekam Nnoko dabei von einem prominenten Familienmitglied, das einige Jahre zuvor selbst einen ähnlichen Weg eingeschlagen hatte: Cousin und NBA-Profi Luc Mbah a Moute.

„Ich hatte gerade mit dem Basketballspielen angefangen, als Luc in Kamerun ein Camp veranstaltet hat“, erinnert sich Nnoko. Die fünf talentiertesten Talente des Landes sollten gefunden und zu einem weiteren Camp in den Senegal geschickt werden. Trotz wenig Erfahrung machte sich Nnoko gut und durfte als einer von Fünfen die Reise an die afrikanische Westküste antreten. „Das ging damals alles sehr schnell“, sagt er noch heute und ergänzt: „Im Senegal waren plötzlich lauter Scouts von Colleges und High Schools in den USA.“ Darunter auch die der Montverde Academy – einer für ihr gutes Basketballprogramm bekannten High School, die auch Landrys Cousin Luc schon besucht hatte. Sie stellten Nnoko ein Stipendium in Aussicht. Und weil der Umworbene von der Vorstellung einer amerikanischen Schul- und Basketballausbildung durchaus angetan war, fand er sich nur wenig später in den USA wieder.

Aus Yaounde, einer Stadt mit knapp 2,5 Millionen Einwohnern, ging es für Nnoko also nach Florida in einen Ort, in dem gerade mal gut 1.500 Menschen leben. Dort erlebte der jugendliche Auswanderer wenig überraschend das, was er heute als „kleinen Kulturschock“ betitelt. „Ich war plötzlich weit weg von meiner Familie an einem fremden Ort, wo wirklich alles neu für mich war.“ Als aber dieser erste kleine Schock verdaut war und Nnoko Akklimatisierungsprozess Nummer eins hinter sich hatte, wusste er die ihm gegebene Chance mehr als zu nutzen. In seinen zweieinhalb Jahren in Montverde machte unsere Nummer 35 nicht nur seinen Schulabschluss, sondern empfahl sich auch basketballerisch für höhere Aufgaben in Form eines Collegestipendiums.
 

„Von Montverde bin ich nach Clemson gegangen“, sagt Nnoko und führt aus: „Eine richtige Universitätsstadt. Eigentlich gibt es dort nichts außer der Uni.“ Dennoch: Von dem spektakulären Collegeleben, wie man es sich vorstellt, bekam der Neuankömmling zunächst nichts mit. Schuld war Akklimatisierungsprozess Nummer zwei: Der Übergang ans College. „ Der war hart. Ich hatte damals das Gefühl, schulisch und sportlich meilenweit hinterherzuhängen“, erinnert sich Nnoko. Also verbarrikadierte der heutige Nationalspieler des Kameruns (Foto rechts) sich in Turnhalle und Bibliothek: „Ich war in meinem ersten Collegejahr entweder beim Training, habe gelernt oder geschlafen um fit fürs Training und das Lernen zu sein.“ Arbeit, die sich auszahlen sollte. Wieder passte sich Nnoko erfolgreich an, wieder empfahl er sich für Höheres.

So spielte der Center in seinen vier Universitätsjahren so gut, dass er im Anschluss auch als Profi gefragt war und von dem italienischen Erstligisten Victoria Libertas Pesaro unter Vertrag genommen wurde. Vor allem die geringen Englischkenntnisse vieler Italiener hätten ihm das dritte Akklimatisieren anfänglich schwerfallen lassen, erzählt Nnoko, der sich dennoch gerne an seine Saison in der Hafenstadt zurück erinnert: „Ich hatte dort eine tolle Zeit und war zum ersten Mal wieder so nahe an meinem Zuhause, dass mich sogar meine Mutter aus Kamerun besuchen konnte.“ Und auch sportlich lief es so gut, dass er sich im Sommer einen Vertrag bei den Detroit Pistons aus der NBA verdiente. Für die spielte er dann zwar nur in der Summer League und im Training Camp, konnte dem aber einiges abgewinnen: „Ich weiß seit meiner Zeit in der NBA und der D-League, dass der Unterschied zwischen mir und den meisten NBA-Spielern kein großer ist. Es sind nur Kleinigkeiten, die da den Ausschlag geben.“
 

Mehr als nur Kleinigkeiten will Landry Nnoko nach anderthalb Jahren in der D-League und der Türkei nun bei ALBA beitragen. Er wolle dem Team immer genau das geben, was es gerade braucht, sagt der Center. In seinen ersten Spielen ist dies Nnoko bereits beindruckend gut gelungen. Mit 7,4 Rebounds pro Spiel ist er nicht nur ALBAs Bester wenn es um die eingesammelten Abpraller geht, er erzielt auch gut 11 Punkte im Schnitt und block dazu 1,2 gegnerische Würfe. Werte, die vor allem beeindrucken, weil Nnoko eben erst seit knapp zwei Monaten mit seinem neuen Team zusammen trainiert und spielt. Auf der anderen Seite ist es nun mal genau das, was Landry Christ Nnoko schon sein ganzes Leben macht – sich in immer neuen Situationen immer wieder schnell und erfolgreich akklimatisieren.
 

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