In der vergangenen Saison hatte unser Team im Pokal wenig Losglück. Lediglich das erste Spiel durfte es damals in Berlin spielen. Alle folgenden Pokalspiele bis hin zum Finale in Bamberg mussten die Albatrosse 2018/19 auswärts bestreiten. In diesem Jahr sieht das schon anders aus. Wie schon im Achtelfinale gegen Würzburg wurde uns auch im Viertelfinale das Heimrecht zugelost. Der Gegner ist dort am Sonntag um 15 Uhr in der Mercedes-Benz Arena der Syntainics MBC aus Weißenfels.

Tickets ALBA - MBC (So. 15 Uhr)

Auf perfekten Saisonauftakt folgte beim MBC Ernüchterung

Während ALBA als neunfacher Pokalsieger schon zum 19. Mal in Folge im Viertelfinale um den deutschen Pokal steht, haben sich die Weißenfelser zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte für das Pokal-Viertelfinale qualifiziert, indem sie sich in der ersten Runde am 28. September mit 91:79 gegen Bayreuth durchgesetzt haben. Der Jubel über diesen Erfolg ging in Mitteldeutschland einher mit der großen Aufbruchstimmung, die der neue Hauptsponsor im Sommer in Weißenfels entfacht hatte. Der Syntainics MBC will mit einer verstärkten Mannschaft in dieser Saison um mehr als nur den Klassenerhalt kämpfen.

Das ist aber offenbar leichter gesagt als getan, denn eine unglückliche 96:99-Niederlage gegen Bamberg wurde Mitte Oktober zum Ausgangspunkt für eine sich über sieben Spiele erstreckende Niederlagenserie, die Mitte November zur Trennung von Trainer Wojciech Kaminski führte. Als Nachfolger für den Polen holte der MBC einen alten Bekannten nach Weißenfels: Björn Harmsen kennt nicht nur die easyCredit BBL aus mittlerweile sieben Jahren als Erstligatrainer. Der gebürtige Göttinger führte den MBC auch 2009 aus der ProA in die erste Liga, wo der Aufsteiger dann 2010 sensationell nur knapp die Playoffs verpasste.

Trainer Björn Harmsen holt erfahrenen US-Center Joey Dorsey

Mit den Verhältnissen in Weißenfels vertraut, machte sich der Rückkehrer umgehend daran, die Mannschaft auf seine Linie zu bringen. Dabei genügte ein Blick auf die Statistik, um zu erkennen, woran es dem MBC trotz großer Stärken in der Offensive in den ersten Saisonwochen gefehlt hatte: Kein anderes Team in der easyCredit BBL kassiert mehr Punkte als die „Wölfe“. Ausgehend von der Erkenntnis, dass es vor allem an der Innenverteidigung haperte, verbannte Harmsen den bisherigen US-Center Cameron Jackson auf die Tribüne und holte den NBA- und Europaliga-erfahrenen Joey Dorsey als Anker für die Defense nach Weißenfels.

Man konnte schon in den vergangenen Jahren in Jena sehen, dass der erst 37-jährige Harmsen als Trainer gut mit hochkarätigen, aber etwas in die Jahre gekommenen Stars umgehen kann (Dorsey feiert am Samstag seinen 36. Geburtstag). Tatsächlich setzte auch Joey Dorsey im MBC-Trikot aus dem Stand um, was der Trainer von ihm wollte. Gleich im ersten Spiel mit dem defensivstarken US-Center gelang dem MBC ein 88:84-Sieg in Vechta und am vergangenen Wochenende überzeugte Dorsey, der in seinen besten Jahren für Toronto in der NBA spielte und 2012 mit Olympiakos die EuroLeague gewann, bei der Niederlage in Bonn mit elf Punkten und elf Rebounds.

Forwards Micovic und Gbinije steuern auf ihre besten Jahre zu

Die anderen Starter des Mitteldeutschen BC sind zumeist deutlich jünger und steuern wie der 27-jährige Power Forward Strahinja Micovic erst noch auf ihre besten Jahre als Basketballer zu. Für den athletischen Serben, der mit einer guten Hand auch Dreier trifft und sich mit großer Beweglichkeit auch in der Zone sehr effektiv durchsetzen kann, ist Weißenfels die erste Station außerhalb des Balkans. Aufgewachsen bei kleineren Belgrader Klubs erlang er 2016/2017 beim bosnischen Meister und Pokalsieger Aleksandrovac viel Aufmerksamkeit und spielte in den vergangenen beiden Jahren mit Mornar Bar (Montenegro) auch schon europäisch.

Ein interessanter Spieler ist auch Michael Gbinije, der bei den Olympischen Spielen 2017 in Rio de Janeiro für Nigeria spielte. Zuvor war der Absolvent der Universität von Syracuse von den Detroit Pistons gedraftet worden, die den damals 24-Jährigen aber nach neun Spielen in die G-League versetzten. Nach zwei weiteren Jahren in der NBA-Aufbauliga hat der Forward nun den Sprung über den Atlantik nach Europa gewagt, wo seine Vielseitigkeit auffällt. Er kann Dreier werfen und ist mit seinen 2,01 Metern ein solider Verteidiger. Seinem Ballhandling und seinen klugen Pässen merkt man an, dass er am College zeitweise auch als Point Guard agiert hat.

MBC-Spielmacher verteilen die meisten Assists in der Liga

Andrew Warren hatte mit seiner Routine in der vergangenen Saison großen Anteil daran, dass der MBC überhaupt erstklassig geblieben ist. Der Shooting Guard warf seine Führungsqualtäten dabei nicht zum ersten Mal für den MBC in die Waagschale. Auch schon 2018 half er maßgeblich, den Abstieg zu verhindern, und 2017 warf er die Weißenfelser in der ProA mit im Schnitt 17,5 Punkten zum Aufstieg in die easyCredit BBL. Entsprechend groß war der Jubel in Weißenfels, als bekannt wurde, dass der 32-jährige US-Amerikaner, den es zwischendurch immer mal wieder nach Japan oder Italien gezogen hatte, dem MBC in dieser Saison die Treue hält.

Der Spielaufbau liegt beim MBC in dieser Saison in den Händen des kanadischen Nationalspielers Kaza Kajami-Keane und des serbischen Point Guards Jovan Novak und die beiden, die auch oft nebeneinander auf dem Parkett stehen, machen das so gut, dass der MBC mit 22,1 Assists sogar die Statistik der easyCredit BBL anführt. Der Kanadier ist dabei mit einem schnellen Antritt und einer Dreierquote von 48 Prozent sogar der Topscorer des MBC. Novak überrascht die Gegner zwar immer wieder mit seinen unorthodox auf einem Bein abgefeuerten Dreiern, konzentriert sich aber auf seine 8,0 Assists/Spiel, mit denen er die BBL anführt.

Am vergangenen Wochenende in Bonn 20 Ballverluste

Dass der Mitteldeutsche BC am vergangenen Spieltag der easyCredit BBL trotz 21 Punkten von Kajami-Keane (3/5 Dreier) und 15 Zählern von Andrew Warren (5/6 Dreier) in Bonn 85:103 verlor und mit einer Bilanz von nunmehr 2:9 Siegen ans Tabellenende der Bundesliga zurückgefallen ist, war zum einen einer starken Bonner Leistung geschuldet, zum anderen aber auch eine Folge von 20 Ballverlusten, zu denen sich die Weißenfelser von der aggressiven Bonner Verteidigung verleiten ließen. Man kann ahnen, woran der neue Trainer Björn Harmsen unter der Woche mit seinem Team in der Vorbereitung des Pokalspiels gegen ALBA gearbeitet hat.

Der MBC spielt seit der Ankunft von Joey Dorsey in folgender Aufstellung (in Klammern die gerundeten BBL-Stats 2019/20):
PG: Kaza Kajami-Keane (27 min, 15 p, 5 as), Jovan Novak (26 min, 7 p 8 as)
SG: Andrew Warren (27 min, 14 p, 2 as), Ferdinand Zylka (13 min, 5 p, 1 as)
SF: Michael Gbinije (28 min, 12 p, 3 as), David Brembly (13 min, 5 p, 2 rb)
PF: Strahinja Micovic (28 min, 15 p, 5 rb), Sergio Kerusch (13 min, 7 p, 3 rb)
C: Joey Dorsey (22 min, 9 p, 9 rb), Benedikt Turudic (16 min, 8 p, 3 rb)

Gut zu wissen:
 

MBC-Guard Ferdinand Zylka spielte von 2013 bis 2016 zusammen mit Tim Schneider in ALBAs NBBL-Team, das in jenen Jahren regelmäßig das Finale erreichte, und parallel mit ALBAs zweiter Mannschaft in der Regionalliga. Auch 2016/2017 stand Ferdi mit ALBAs U19 an der Seite von Jonas Mattisseck und Bennet Hundt wieder im NBBL-Finale. Mit dem ein Jahr älteren Tim Schneider spielte er in jener Saison mit einer Doppellizenz für Lok Bernau in der ProB. Während Tim 2017 in ALBAs erste Mannschaft wechselte, setzte Ferdinand Zylka seine Karriere in Gotha und seit 2018 beim MBC fort. Dort ist er jetzt wieder mit Center Benedikt Turudic vereint, der 2015/2016 ebenfalls in der NBBL und in der Regionalliga für ALBA spielte.

In den anderen drei Paarungen des BBL Pokal-Viertelfinales spielen an diesem Wochenende Braunschweig – Bamberg (Samstag), Ulm – Göttingen (Samstag) und Bonn – Oldenburg (am Sonntag ab 18 Uhr) gegeneinander. Die vier Sieger spielen am 11./12. Januar das Halbfinale. Für das Finale ist der 16. Februar reserviert.

SYNTAINICS Mitteldeutscher BC (Statistik easyCredit BBL 2019/2020)

Nr.

Name

Pos.

Alter

cm

Nat.

BBL

Pkt/Sp

Rb/Sp

As/Sp

0

Michael Gbinije

3

27

201

US/NGR

---

12,1

2,9

2,6

4

Strahinja Micovic

4

27

205

STB

---

14,8

5,2

1,2

5

David Brembly

3

26

197

D/POL

5 J.

5,3

2,3

1,0

6

Marko Krstanovic

1

22

196

D/CRO

---

1,3

0,7

0,3

7

Sergio Kerusch

3/4

30

195

D/USA

4 J.

7,0

2,9

0,2

10

Ferdinand Zylka

1/2

21

190

GER

3 J.

4,5

1,6

1,0

20

Jovan Novak

1

25

188

SRB

1 J.

6,7

2,8

8,2

24

Andrew Warren

2

32

196

USA

2 J.

13,9

2,4

1,8

30

Joey Dorsey

5

35

206

USA

---

9,0

8,5

1,5

32

Kaza Kajami-Keane

1/2

25

185

CAN

---

15,0

2,7

5,0

33

Cameron Jackson

5

23

203

USA

---

7,6

3,4

0,7

34

Anthony Okao

4/5

21

210

GER

---

 

 

 

44

Benedikt Turudic

4/5

22

207

D/CRO

2 J.

6,6

3,4

0,7

Head Coach: Björn Harmsen (37, GER, achte BBL-Saison, mit Unterbrechung die dritte mit dem MBC)
Assistenztrainer: Aleksandar Scepanovic (CRO)

ALBA-Bilanz gegen den MBC: 24:2
24 Siege – 2 Niederlagen (in Berlin 13:0)
alle Spiele in der Bundesliga
Höchster Sieg: 89:58 am 27. Dezember 2015 in Berlin
Höchste Niederlage: 78:90 am 13. April 2001 in Spergau

Stimmen zum Spiel:
 

Aito Garcia Reneses (ALBA-Cheftrainer): „Dieses Spiel entscheidet, ob wir ins Pokal-Halbfinale einziehen oder nicht, und ist daher etwas ganz anderes als ein Punktspiel. Wir dürfen den MBC dabei nicht an seinem Tabellenstand messen, denn mit dem neuen Trainer und mit der Verstärkung durch den erfahrenen Joey Dorsey ist der MBC eine ganz andere Mannschaft.”

Niels Giffey (ALBA-Forward): „Natürlich würden wir im Februar gerne den Pokal gewinnen. Aber auch in diesem Wettbewerb denken wir von Spiel zu Spiel. Sonntag gegen den MBC geht es deshalb allein darum, die nächste Runde zu erreichen. Zu Hause sollte das für uns natürlich eine machbare Aufgabe sein. Aber zwischen den beiden EuroLeague-Spielen müssen wir dafür auf ein emotionales Niveau kommen, den ein solches Do-or-die-Game verlangt. Pokalspiele sind schon etwas anderes als reguläre Bundesliga- oder EuroLeague-Spiele.“