Auch wenn ALBA stets nach vorne schaut, kann ein kleiner nostalgischer Ausflug in die Vergangenheit nicht schaden. Am vergangenen Samstag kamen viele ehemalige ALBA-Stars zur Feier des 25-jährigen Jubiläums an die Spree. Wir haben die Chance genutzt, um im DKB-Talk mit Zoran Radovic zu sprechen, dem Spielmacher der legendären allerersten ALBA-Mannschaft, die 1990/91 um ein Haar Deutscher Meister geworden wäre, wenn sich nicht eben dieser Zoran Radovic im vierten Playoff-Finale gegen Leverkusen das Wadenbein gebrochen hätte.

Zoran, du hast heute die Chronik „25 Jahre ALBA“ signiert. Wie gefällt dir das Buch?

 

ZR: Um ehrlich zu sein, hatte ich noch gar keine Zeit, das anzuschauen, weil ich hier dauernd so viele alte Bekannte treffe. Ich bin lediglich dazu gekommen, das Buch mal schnell durchzublättern und finde das allein mit den vielen Fotos phantastisch gelungen. Auf dem Rückflug werde ich mir das dann aber näher anschauen und mich dann wahrscheinlich darin angesichts der vielen Erinnerungen verlieren.  

 

Die tolle erste ALBA-Mannschaft 1990/91 hat die Grundlage für alles, was wie hier heute sehen, gelegt?

 

ZR: Ja, wir haben damals das Fundament für diese tolle Entwicklung gelegt, die ALBA dann genommen hat. Damit ein Teil der ALBA-Geschichte zu sein, erfüllt mich mit großem Stolz. Ich möchte aber auch gleich klarstellen, dass wir Spieler nur die Bankspieler in dieser Entstehungsgeschichte waren. Die erste Fünf bildeten damals Marco Baldi, „Doc“ Schmidt, Peter Schließer, Dieter Hauert und später Franz Josef Schweitzer. Ich könnte jetzt noch mehr Leute nennen, die alle einen großen Anteil daran hatten, dass ALBA heute als einer der besten Clubs Europas auf diese so erfolgreichen 25 Jahre zurückblicken kann, aber belassen wir es bei diesen fünf.

 

Die Zuschauer haben aber vor allem auf dem Parkett Zoran Radovic gesehen?

 

ZR: Das stimmt und ich fühle mich immer noch schuldig, dass wir damals nicht gleich in der ersten Saison Meister geworden sind, obwohl wir schon so nah dran waren und im Finale 2:1 gegen Leverkusen geführt haben. Der Ärger darüber ist aber inzwischen verfolgen. Geblieben ist die Erinnerung an eine tolle Mannschaft mit großartigen Kameraden wie Calvin Oldham, Lutz Wadehn, John Dronsella, Sven Meyer oder Horst Schmitz. Seinen Treffer aus der eigenen Hälfte zum Sieg über Ludwigsburg habe ich heute noch vor Augen.

 

Was wäre passiert, wenn ALBA damals gleich im ersten Jahr Meister geworden wäre?

 

ZR: Rückblickend gesehen, wäre das natürlich eine Katastrophe gewesen, denn ich muss zugeben, dass der Club damals strukturell und auch spielerisch überhaupt noch nicht reif dafür war. Wir waren einfach eine Gruppe von Basketball-Verrückten, die in jener Saison über ihre Grenzen gegangen sind. Dann am Ende doch noch nicht Meister geworden zu sein, hat als Ansporn funktioniert und hat erst die zusätzlichen Kräfte mobilisiert, die ALBA später so erfolgreich gemacht haben. Das Scheitern hat allen gezeigt, woran es noch fehlte.

Was hat den jugoslawischen Nationalspieler Zoran Radovic damals eigentlich dazu bewegt, zu einem offensichtlich armen Club im Basketball-Entwicklungsland Deutschland zu wechseln?

 

ZR: Für mich war das damals einfach ein großes Abenteuer. Ich hatte in Jugoslawien alles erreicht und wollte noch einmal etwas ganz anderes machen und da hat Berlin mit der Aufbruchstimmung nach dem Fall der Mauer mich sehr gereizt. Das berühmte Konzert von Pink Floyd und all diese Sachen. Deshalb bin ich nach Berlin gekommen. Dass mir Faruk Kulenovic dann vorher versichert hat, dass das alles gute Typen in der Mannschaft waren, hat mir die Entscheidung erleichtert, die ich nie bereut habe, denn er hatte ja sowas von Recht! Damals nach Berlin zu gehen, war eine der besten Entscheidungen, die ich je in meinem Leben getroffen habe.

 

Wie gefällt dir das aktuelle ALBA-Team?

 

ZR: Das aktuelle ALBA-Team gefällt mir sehr gut. Aber es ist jetzt noch so früh in der Saison und ich erinnere daran, dass erst im Juni abgerechnet wird. Also bleibt hier in Berlin bitte alle auf dem Teppich! Nimm das als Ratschlag vom alten Mann!  Aber Spaß beiseite. Das Team von Sasa Obradovic spielt sehr gut zusammen. Die kämpfen hart, spielen mit richtig viel Herz und ich denke, wenn sie diese Linie beibehalten, werden sie das Finale erreichen. Dort drücke ich dann alle Daumen, dass ALBA den weltbesten Fußball-Club diesmal schlägt!

 

Inwiefern unterscheidet sich der heutige Basketball von dem, der zu eurer Zeit gespielt wurde?

 

ZR: Das Spiel heute ist viel intensiver und physischer als zu unserer Zeit. Die Spieler sind viel kräftiger. Solche Athleten hatten wir früher nicht. Technisch vermisse ich ein wenig gute Passgeber. Ich denke, in dieser Hinsicht hat sich der Basketball in den letzten Jahren nicht weiterentwickelt. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass die Verteidigung sich schneller entwickelt als die Offensive und dass der Dreipunkt-Wurf so an Bedeutung gewonnen hat. Aber die vollen Zuschauerränge zeigen ja, dass das den Leuten gefällt, also will ich mich nicht beschweren.

Den Fokus auf die Verteidigung zu legen, war damals etwas Neues für die Bundesliga?

 

ZR: Ich war damals einer der besten Verteidiger in Europa und da hat man schon gemerkt, dass wir damit in der Bundesliga für einige Aufregung gesorgt haben. Unsere Verteidigung war damals in der offensiv geprägten Liga ganz klar unser Erfolgsgeheimnis, zumal auch die anderen im Team recht gute Verteidiger waren oder von Kulenovic dazu gemacht wurden.

 

Viele Point Guards wechseln später ins Trainerfach. War das für dich keine Option?

 

ZR: Das habe ich von Anfang an für mich ausgeschlossen. Ich wollte nie Trainer werden und habe schon als Spieler meine Zukunft in der Sportverwaltung gesehen. Da habe ich schon immer die größte Chance für mich gesehen, anderen Spielern in der ganzen Welt zu helfen, durch Basketball das zu erreichen, was ich auch durch Basketball erreicht habe. Genau das kann ich jetzt als Sport Development Director für den Weltverband FIBA machen und dieser Job erfüllt mich sehr.

 

Wenn wir dir damals prophezeit hätten, dass ALBA 25 Jahre später in einer NBA-gleichen Arena vor über 10.000 Zuschauern spielen würde, hättest du uns für verrückt erklärt?

 

ZR: Nein, ich hätte dich nicht für verrückt erklärt, weil ich damals schon gesehen habe, dass die Leute bei ALBA genau diese Vision hatten und mit Ernsthaftigkeit und Nachdruck verfolgt haben. Das fing damit an, dass ALBA Uwe Blab aus der NBA zu ALBA geholt hat. Der ging eben nicht nach Leverkusen, sondern kam zu ALBA. Das war ein klares Signal an alle. Ich habe die Namen ja vorher schon genannt. Diese Leute haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten immer alles getan, damit ALBA dahin kommt, wo es heute steht. Die sind eben nicht davor zurückgeschreckt, zunächst in die Max-Schmeling-Halle und später in die o2 World umzuziehen, was mit entscheidend für die Entwicklung des Clubs war und dafür müssen wir ihnen dankbar sein.