Mit der Staatsoper Unter den Linden setzt ALBA seine "Palermo"-Bildungsidee schon seit Sommer um. Warum müssen gerade jetzt Bewegung und Musik an den Schulen zusammengebracht werden? Darüber diskutierten ALBAs Vizepräsident Henning Harnisch und der Intendant Matthias Schulz am 24. Januar in der Staatsoper mit der Berliner Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse und Prof. Dr. Kirsten Winderlich von der Universität der Künste. Für alle, die nicht dabei sein konnten, haben wir das zweistündige Gespräch in einem Video zusammengefasst.

Fotos: Julius Gabele

Vor rund 100 geladenen Gästen aus Politik, Bildung, Kultur und Sport sprach die Runde unter der Moderation von Petra Gute im Apollosaal der Staatsoper über die Bedeutung der Nicht-Pisa-Fächer. Studien zeigen, dass gerade sie die sozialen und emotionalen Fähigkeiten von Kindern stärken und für die Persönlichkeitsbildung wichtig sind. Dennoch werden diese Fächer oft vernachlässigt, den Schulen fehlen die Ressourcen dafür. Kultur- und Sportinstitutionen können da unterstützen.

So einfach das klingt, für viele Menschen liegen noch immer Gräben zwischen den Sphären Sport und Kultur. ALBA will sie überwinden mit einer ganzheitlichen, interdisziplinären Bildungsidee namens Palermo: Sportvereine, Theater und Museen schließen sich zusammen, um direkt an den Schulen die entsprechenden Fachbereiche zu stärken. Daraus soll eine neue Bildungsbewegung entstehen. Als Freier Träger des Hortbereichs an der Albert-Gutzmann-Schule in Berlin-Wedding setzt ALBA diese Idee bereits in die Tat um: Seit Sommer bringen der Club und das Kinderopernhaus der Staatsoper die Schüler:innen mit einer Musiktheater-AG in Bewegung.

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ALBAs Vizepräsident Henning Harnisch skizzierte die Palermo-Idee und unterstrich vor allem den Ansatz, dem Spielerischen in Musik und Sport mehr Raum zu geben: 

„Es gibt eine Menge Orte, an denen man die Idee einpflanzen könnte, sodass mehr Kinder zu Spielerinnen und Spielern werden und mit sehr viel Spaß aufwachsen. Es wird viel zu wenig reflektiert, welche Chancen es hat, Spieler zu werden: Wie viele Sachen das regelt, welche Erfahrungen man macht, welche Entscheidungen dabei getroffen werden. Und vor allem: Spielen macht Spaß. Das sollten wir viel mehr in den Mittelpunkt unserer Bildung setzen. Gerade wenn wir über die Ganztagsschule reden, an der die Kinder bis 16 Uhr sind.“

Der Staatsoper-Intendant Matthias Schulz betonte die Chancen für Sport- und Kultureinrichtungen, sich für die Basisarbeit zu öffnen: 

„Das sieht man an der Gutzmann-Schule von der ersten Sekunde an: Wir sind zwar Spitzeninstitutionen, wir stehen dazu und wollen das auch sein. Aber wir möchten ja kein selbst fütterndes System sein, kein Elfenbeinturm. Sondern es braucht diesen externen Kontakt, damit es nicht heißt: Die in der Staatsoper oder die bei ALBA, die verstehen ja gar nicht, was da draußen so richtig los ist. Durch diese Projekte sehen wir das wirklich.“

Die neue Berliner Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse war zuvor selbst Leiterin einer Ganztagsschule und würdigte die Initiative von ALBA und der Staatsoper: 

„Ich wünsche mir weiterhin so engagierte Menschen, die auch sagen: Eigentlich sind wir ein Sportverein, wir gehen aber in die Schulen. Oder: Wir sind die berühmteste Oper der Hauptstadt und wir gehen in die Schulen. Ich finde es wunderbar, was Sie machen. Und Sie haben das Glück, dass Kinder das dankbarste Publikum sind, was man sich wünschen kann. Da kann ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie das so vielen Kindern ermöglichen.“

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Prof. Dr. Kirsten Winderlich von der Universität der Künste ist Expertin für ästhetische Erziehung in der Grundschule. Sie hob in der Diskussion den eigenständigen Wert der spielerischen und künstlerischen Fächer hervor, wie er kürzlich erst in einer OECD-Studie analysiert wurde: 

„Es ist zu begrüßen, dass erkannt wurde, dass diese Fächer eine Bedeutung haben. Ich sehe allerdings auch eine kleine Gefahr, wenn diese Fächer nur eine Bedeutung bekommen, um die sogenannten harten Fächer zu stärken. Das wäre zu stark nutzenorientiert und würde die Künste und den Sport zum Mittel zum Zweck degradieren. Das darf natürlich nicht passieren.“ Mit Blick auf die interdisziplinäre Bildungsidee von ALBA und der Staatsoper fügte sie hinzu: „Solche Projekte müssen zum Kern von Schulbildung gehören. Da wäre es schön, wenn wir gemeinsam an Gelingensbedingungen für Kooperationen arbeiten könnten.“

Zum Abschluss der Runde öffnete die Moderatorin Petra Gute die Diskussion für Fragen und Impulse des versammelten Fachpublikums. In den vielen lebendigen Beiträgen spiegelten sich die Neugier und das Engagement der Anwesenden, im Bereich der kulturellen und sportlichen Bildung gemeinsam neue Wege zu gehen. Die Neuköllner Stadträtin Karin Korte brachte diesen Vernetzungsgedanken mit Blick auf das Beispiel der Gropiusstadt in ihrem Bezirk zum Ausdruck:

„Wir haben mit ALBA schon viele Jahre gute Erfahrungen in der Gropiusstadt. Sie haben uns dort gelehrt, Kontakte zwischen den Institutionen zu knüpfen und zusammenzuarbeiten. Ich möchte dafür plädieren, dass man als Schule oder als Verein das nutzt, was schon alles da ist in einem Stadtteil. Oft arbeitet jeder nur für sich allein. Und dabei ist doch möglicherweise schon die Musikschule vor Ort unterwegs, da gibt es den Sportverein oder die Volkshochschule mit ihren tollen Angeboten für Kinder. Ich finde, es ist total viel möglich. Alle sollten schauen: Wer ist hier eigentlich noch alles um mich herum und was können wir zusammen machen?“

Im Anschluss kamen Pädagog:innen mit den Vertreter:innen von ALBA, der Kinderoper sowie der politischen Ressorts ins Gespräch und schmiedeten weitere Pläne. Auf ganzer Linie ein Abend des Austauschs und der gegenseitigen Inspiration.


Medienberichterstattung über die Veranstaltung und die Kooperation:

>>> rbb kultur & inforadio

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>>> Deutschlandfunk Kultur I

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>>> Der Tagesspiegel

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