Corona-Zwangspause und Verletzungs-Misere, aber auch große und begeisternde Siege: Die Albatrosse haben eine bewegte und aufregende EuroLeague-Spielzeit 2020/21 hinter sich, in der trotz aller Widrigkeiten Topteams wie ZSKA Moskau, Valencia oder Fenerbahce geschlagen werden konnten. Sportdirektor Himar Ojeda und Jonas Mattisseck sprechen über diese spezielle Saison, in der auch die jungen Albatrosse auf höchstem Niveau immer mehr Verantwortung übernehmen konnten.

Titelbild: Camera4, Text: Louis Richter

Die Stimmung nach dem Spiel war gut bei den Albatrossen. Mit dem deutlichen 81:59-Sieg gegen Roter Stern Belgrad machte das Team von Coach Aito am Donnerstagabend einen Haken an die EuroLeague-Saison. Mit 12 Siegen bei 22 Niederlagen war die Bilanz etwas besser als in der vorigen Saison (9:19) und der Erfahrungsschatz der Spieler und Verantwortlichen ist dazu um einiges reicher. Denn, das sagt Sportdirektor Himar Ojeda nach dem Sieg gegen Belgrad, diese Saison war in vielerlei Hinsicht keine einfache: „Ich bin wirklich stolz und glücklich, wenn ich auf diese schwere Spielzeit zurückblicke. Es war mitunter extrem herausfordernd.“ 

Ende Oktober infizierten sich sechs Teammitglieder mit dem Corona-Virus, zum Jahreswechsel auch noch Coach Aito. Die gesamte Mannschaft musste im Herbst in Isolation und konnte mitten in der Saison zweieinhalb Wochen lang nicht trainieren oder spielen. Zahlreiche Partien fielen dadurch aus und mussten im eh schon enggetakteten EuroLeague-BBL-Spielplan irgendwie nachgeholt werden. Über fünf Monate mussten die Albatrosse daher konstant unglaubliche drei Spiele pro Woche bestreiten und dabei quer durch Europa reisen. Obendrauf kamen noch zahlreiche längerfristige Verletzungen von Leistungsträgern, so dass teilweise eine komplette Starting Five hinter der Bande saß.

Die Pandemie beeinflusste neben der personellen Sondersituation auch die Organisation rund um die 34 EuroLeague-Spiele: „Die Reisen waren mitunter verrückt. Es gab kaum Direktflüge, dazu viele Stornierungen und Verspätungen. Wir waren extrem viel zusammen, wir durften auf den Auswärtsreisen die Hotels ja nicht verlassen“, sagt Ojeda. Der betont aber gleichzeitig, wie gut die Mannschaft diese Strapazen bewältigt habe, wie eng sie zusammengeblieben ist: „Das sind die Momente, in denen ich wirklich glücklich darüber bin, dass wir stark darauf achten, welche Charaktere wir im Team haben. Die Mannschaft hat all das toll gemeistert und ist daran gewachsen.“
 

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Krimi gegen ASVEL, Auswärtssiege in Moskau und Valencia

Auch ALBAs jungem Guard Jonas Mattisseck werden viele anstrengende Reisen, mit mitunter ungeplanten Zwischenstopps von bis zu zehn Stunden, im Kopf bleiben. Deutlich präsenter sind nicht nur ihm aber die sportlichen Highlights, für die die Albatrosse in Europas höchster Spielklasse in den vergangenen Monaten sorgen konnten. „Das Heimspiel gegen ASVEL mit Peyton Sivas Gamewinner war zum Beispiel Wahnsinn. Wenn da Fans in der Halle gewesen wären – das wäre die pure Eskalation gewesen“, sagt der junge Berliner. Auch der Auswärtssieg in Valencia, der erste einer deutschen Mannschaft, sei für ihn und das Team ein Highlight gewesen. Dazu konnte mit Baskonia gleich zweimal der spanische Meister geschlagen werden. „Vor allem das Heimspiel gegen sie war sehr cool. Israel Gonzalez hat an dem Abend seinen ersten EuroLeague-Sieg als Headcoach errungen, das war auch für ihn ein besonderer Moment. Das haben wir in der Kabine auch etwas gefeiert.“ Der Auswärtssieg bei ZSKA Moskau, der Overtime-Krimi in Belgrad, der höchste ALBA-Sieg der EuroLeague-Geschichte beim 89:63 gegen Fenerbahce – die Saison hatte so einige große und nervenzerreißende Spiele zu bieten. 
 

Mattisseck, Delow, Schneider - ALBAs Eigengewächste mittendrin

Besonders, und mittlerweile auch typisch ALBA, war dabei auch die stetige Entwicklung der jungen Albatrosse um Jonas Mattisseck, Tim Schneider und Malte Delow. Die drei Eigengewächse erkämpften sich wertvolle und konstante Minuten in der Rotation und sprangen in die Bresche, wenn das Team gebeutelt von Verletzungen oder Infektionen auf zahlreiche Spieler verzichten musste. „Unser Konzept dreht sich darum, diesen Spielern Zeit und Chancen zu geben, geduldig mit ihnen zu sein. Das zahlt sich aus und darüber sind wir sehr froh“, sagt Himar Ojeda, der „sehr zufrieden“ mit ALBAs Youngstern ist: „Natürlich haben die Trainer einen großen Anteil daran, aber es ist vor allem ein Verdienst der Spieler, die einfach Lust darauf haben, sich auf diesem hohen Niveau durchzusetzen und die vor nichts zurückschrecken.“

Für Jonas Mattisseck war es die zweite Spielzeit in Europas Spitzenklasse. Einen ganz speziellen Unterschied hat er dabei für sich ausmachen können: „Ich kannte nun schon so gut wie alle Hallen. Im ersten Jahr kannte ich die Arenen nicht, da war wirklich alles neu für mich. In dieser Saison war es etwas vertrauter.“ Alltag seien Spiele auf diesem Niveau für ihn, Malte Delow und Tim Schneider aber noch nicht. Es sei immer noch „aufregend und krass“, gegen all die großen Namen und Mannschaften anzutreten – und sich dabei weiterzuentwickeln: „Es ist total cool zu sehen, wie wir uns verbessern und auf dem Niveau vorankommen. Ich habe mich auch riesig für Malte gefreut, dass er so viele Minuten bekommen und sie genutzt hat. Er arbeitet wirklich jeden Tag sehr, sehr hart an sich und das sieht man auch auf dem Feld.“
 

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Schöne Gewissheiten und Lust aufs Top4

Was von dieser EuroLeague-Saison also bleibt, sind vor allem die Gewissheiten, dass die Albatrosse Strapazen meistern und zeitgleich auf höchstem europäischen Niveau mitspielen und gewinnen können. Und die beste Gewissheit ist zusätzlich wohl die, dass sie auch in den nächsten zwei Jahren mit einer festen Lizenz dabei sein werden, wenn die besten 18 Teams Europas ihren Meister ausspielen.

Doch bevor es so weit ist, steht für ALBA in der laufenden Saison in den nationalen Wettbewerben noch viel auf dem Programm, immerhin wollen gleich zwei Titel verteidigt werden. Während es in der Bundesliga derzeit noch darum geht, sich mit viel Konstanz die optimale Ausgangsposition für die Playoffs zu erspielen, geht es am nächsten Wochenende (16.-18. April) mit dem MagentaSport BBL Pokal um den ersten Titel der Saison (live und kostenlos bei MagentaSport und Twitch). „Die Vorfreude aufs Top4 ist natürlich schon da. Wir haben unfassbar viel Bock darauf und wollen den Titel unbedingt verteidigen“, sagt Jonas Mattisseck.