Stretching, Squats und Übungen auf der Faszienrolle: Was Matt Thomas so macht, während er bei einem ALBA-Spiel auf der Bank sitzt, ist für andere ein ganzes Workout. Der 29-Jährige arbeitet in jeder freien Minute akribisch an sich, um bereit zu sein – für die nächste Einwechslung, die nächste enge Spielsituation oder den nächsten Wurf. Zum Start der Playoffs haben wir mit ALBAs Co-Kapitän über das richtige Playoff-Mindset, seine Vorbildfunktion und Meditation am Morgen gesprochen. (Fotos: Tilo Wiedensohler)

Matt, wie wichtig sind tägliche Routinen für dich?

Sehr wichtig! Ich bin ein Mensch, der feste Abläufe mag – nicht nur, was Basketball angeht. Die ersten eineinhalb Stunden meines Tages sind komplett durchgetaktet. Das hilft mir dabei, ausgeglichener in den Tag zu starten. Ich will meine Zeit effektiv nutzen. Dieses Mindset habe ich auch, wenn es um Basketball geht. Vor einem Spiel oder einem Teamtraining ein bisschen Extraarbeit zu investieren und mich einzuwerfen und zu stretchen hilft mir dabei, mich gut zu fühlen. Deshalb sind mir Routinen als Leitlinien sehr wichtig. Allzu sehr darf man sich aber auch nicht auf diese Dinge zu versteifen. Es ist wichtig, flexibel zu bleiben. Besonders die vielen Auswärtsreisen während der Saison können feste Muster immer wieder unterbrechen. Dann verändern sich Trainingszeiten oder der Bus kommt mal wegen eines Staus zu spät.

Beschreib uns mal, wie ein typischer Vormittag bei dir aussieht.

Allgemein nehme ich mir morgens gern Zeit für mich. Deshalb stehe ich schon gegen 7.30 Uhr auf, obwohl unser Teamtraining erst um 11 Uhr beginnt. Ich meditiere für gewöhnlich und schreibe Tagebuch. Danach dehne ich mich und packe die Faszienrolle aus. Anschließend gibt es Kaffee und Frühstück. Nach dem Duschen geht’s zur Halle. Vor dem Training mache ich gern noch ein bisschen Krafttraining, um meinen Körper zu aktivieren – die Intensität variiert natürlich je nach Spielplan. Ich merke jeden Tag, wie gut mir Dehnen und Gewichte heben tut als Ausgleich zu unseren Spielen und Trainingseinheiten.
 

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Selbst wenn du ausgewechselt wirst, sitzt du nicht einfach auf der Bank, sondern bist immer aktiv. Wo hast du diese Arbeitseinstellung her?

So gehe ich das Basketballspielen schon sehr lang an. Ich glaube nicht, dass meine Karriere ohne diese Einstellung so verlaufen wäre. Schon als junger Spieler habe ich es geliebt, an mir zu arbeiten. Das hat mir das nötige Selbstvertrauen in mich und meine Fähigkeiten gegeben. Dass ich während der Auswechselpausen nicht einfach auf der Bank sitze, habe ich mir aber erst in der NBA angewöhnt – aus der Notwendigkeit heraus. Manchmal saß ich die ersten drei Viertel lang auf der Bank, wurde dann zu Beginn des vierten Viertels eingewechselt und befand mich plötzlich 15 Sekunden später in einem Spielzug, an dessen Ende ich den Wurf nehmen sollte. Also musste ich körperlich und mental die ganze Zeit bereit sein, von der einen auf die andere Sekunde auf dem höchsten Level zu performen. Ich hatte in der NBA nie den Luxus, erstmal langsam ins Spiel reinkommen zu können und ein paar Mal den Ball in den Händen zu halten, um so richtig auf Betriebstemperatur zu kommen. Es ging immer darum, nach einer Einwechslung direkt abzuliefern und meine Würfe reinzumachen. Hier bei ALBA ist die Situation natürlich ein wenig anders: Ich bekomme mehr Spielzeit und bin das ganze Spiel über warm. Aber auf der Bank aktiv zu bleiben, ist eine Angewohnheit, die ich verinnerlich habe.

Hier bei ALBA bist du einer der erfahrensten Spieler. Willst du mit deiner Einstellung auch ein Vorbild für die Jüngeren sein?

Ja, das war einer der Gründe, warum ich mich vor der Saison dazu entschieden habe, zu ALBA zu wechseln. Zu den älteren Spielern zu gehören, war anfangs eine ungewohnte Situation für mich. Mich hat aber genau das gereizt. Ich habe schon bei einigen Teams gespielt und viel von unterschiedlichen Trainern und Mitspielern gelernt. Also versuche ich das an unsere talentierten Youngster weiterzugeben – aber nicht krampfhaft, sondern mehr so nebenbei. Ich möchte einfach mit gutem Beispiel vorangehen.
 

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Verändert sich dein Mindset noch einmal, wenn es in die Playoffs geht?

Die Playoffs sind der Höhepunkt der Saison und die Phase des Jahres, auf die wir als Team das ganze Jahr lang hingearbeitet haben. Wir haben uns im Lauf der Spielzeit verbessert und spielen wesentlich besseren Basketball als noch im Oktober oder November. In den Playoffs ist aber alles noch ein Stück weit intensiver – mehr Energie, mehr Druck und ein größerer Fokus auf die kleinen Details. Deshalb muss besonders in dieser Phase die Vorbereitung stimmen. Dann werden wir als Team auch in kniffligen Situationen bestehen.

Helfen Routinen dabei, in den Playoffs nicht zu überdrehen?

Man darf den Druck der Playoffs nicht an sich heranlassen, sonst verkrampft man. Deshalb gehe ich die Playoffs so an wie jedes andere Spiel auch. Meine Routinen verändern sich nicht großartig. Meine festen Abläufe und meine Arbeitseinstellung geben mir dabei Selbstvertrauen. Stretching, Kraftübungen, Wurftraining, Ernährung, Schlaf, Meditation – all das hilft mir dabei, auch in Playoff-Situationen ruhig zu bleiben. Gut vorbereitet fühle ich mich sicher und weiß in jeder Sekunde, dass ich bereit bin, mein Bestes zu geben.