Allen Irrungen und Wirrungen der Pandemie zum Trotz haben es in dieser Saison gleich zwei US-Profispielerinnen in ALBAs Team aus der Toyota 2. Damen Basketball Bundesliga Nord geschafft. Ruth Sherrill (26, im Bild rechts) und Angela Rodriguez (28) sind die Übersee-Akteurinnen Nummer zwei und drei der Klubgeschichte und bringen bereits einige Erfahrung aus anderen europäischen Ligen mit. Nachdem sie Ende Oktober ihr erstes Spiel für das Team von Headcoach Cristo Cabrera gemacht haben, warten sie zurzeit wie der Rest des Teams auf die Fortsetzung des Ligabetriebs. Über ihre Ziele in einer speziellen Saison, ihre verschlungenen Wege nach Berlin und die ersten Wochen in ihrer gemeinsamen WG haben wir mit ihnen gesprochen.

Fotos: Philipp Sommer

Ruth und Angela, wir starten mit einem kleinen Mitbewohnerinnen-Check.

Angela: Oha, mal schauen, wie wir uns schlagen!

Wer steht früher auf?

Angela: Ruth! (beide lachen)

Wer braucht morgens länger im Bad?

Ruth: Wahrscheinlich auch ich.

Wer macht am Ende die Küche sauber?

Ruth: Ich würde sagen, auch ich. Ich koche mehr: Ich liebe Nudeln, aber auch asiatisches Essen, gebratenen Reis und so was.

Angela: Mein Essen kam bisher aus dem Restaurant! (lacht)

Wer hört lauter Musik?

Angela: Ich! Drake, ein bisschen Justin Bieber, von allem etwas.

Und die letzte Frage: Wer bezahlt den Netflix-Account?

Ruth: Ah, da haben wir unsere eigenen.

Angela: Dafür wohnen wir noch nicht lange genug zusammen. (beide lachen)

Neues Team, neue Stadt, neue Leute – hilft es denn da, mit einem anderen Neuankömmling zusammenzuwohnen?

Angela: Ich finde schon! Das läuft dann total von alleine: „Wollen wir mal hierhin gehen? Lass uns mal losziehen und schauen, was passiert.“ Ich war hier vor sechs Jahren schon mal zu Besuch, als ich in Polen gespielt habe. Ich wusste also schon ein bisschen was über die Stadt und habe mich jetzt darauf gefreut, sie gemeinsam richtig zu entdecken.

 

Ihr wart also schon ein bisschen unterwegs.

Angela: Wir waren schon mit Ewelina und Fee am Berliner Dom und haben auf der Wiese davor gepicknickt, das hat Spaß gemacht.

Ruth: Ich will auch auf jeden Fall noch mal zur Museumsinsel, weil ich es total mag, etwas über die Geschichte und die Kultur des Ortes zu lernen, an dem ich gerade lebe. Und weil wir noch so frisch in Berlin sind, ist gerade wirklich alles, was wir tun, ein kleines Abenteuer. Vor ein paar Tagen haben wir zum Beispiel gelernt, wo wir unseren Müll hinbringen müssen.

Das haben wir beim Mitbewohnerinnen-Check vergessen.

Ruth: Beim nächsten Mal dann. (beide lachen)

Habt ihr euch denn schon vorher gekannt?

Angela: Nicht persönlich. Aber man kennt sich so durch die Basketball-Welt, weil wir beide in Spanien gespielt haben und auch schon gemeinsame Teamkolleginnen hatten.

Ruth hat auch schon in Dänemark gespielt, Angela war neben ihrer Station in Polen auch noch in Island, Rumänien und zweimal in der Bundesliga. Was macht als US-Spielerin den Reiz aus, in Europa zu spielen?

Angela: Vor allem die Kulturunterschiede, würde ich sagen: die Leute, die Landschaft, die Architektur. In jedem Land sieht das anders aus. Die USA sind da viel ähnlicher. Ich habe einfach Spaß daran, neue Kulturen und neue Menschen kennenzulernen und zu sehen, wie sie leben.

Den Basketball nutzen, um die Welt zu erkunden.

Ruth: Genau. Je mehr Neues du entdeckst, desto mehr lernst du auch über dich selbst – Dinge, die du vielleicht nie festgestellt hättest, wenn du dich nicht in so eine einzigartige Lage begeben hättest.

Kann das auf Dauer nicht auch anstrengend werden, jedes Jahr an einem neuen Ort anzufangen?

Angela: Das ist inzwischen einfach mein normaler Lebensstil. Das ist jetzt mein siebtes Jahr. Und es ist jedes Mal etwas Neues. Du steigst in ein Flugzeug und weißt nicht, wo du landest. Du kennst weder das Team noch den Ort oder deine Unterkunft. Das hilft, als Persönlichkeit zu wachsen.

Ruth: Ich persönlich liebe es zu reisen. Es gab im Frühjahr auch den Punkt, an dem ich große Angst hatte, dass ich das in der näheren Zukunft nicht mehr machen kann. Dass ich jetzt hier sein kann, macht mich umso dankbarer.

 

Wie nervenaufreibend lief denn die Einreise und der Weg zurück Europa?

Angela: Ich war schon sehr nervös. Ich bin von Chicago aus über Dänemark hierher geflogen. Aber ALBA hat uns mit den richtigen Unterlagen ausgestattet, dadurch ist zum Glück alles glatt gelaufen. Vor der Ausreise und nach der Ankunft haben wir einen Corona-Test gemacht, und dann mussten wir auch noch ein paar Tage in Quarantäne. Das war schon anstrengend.

Ruth: Ich bin von Washington über Lissabon eingereist. Und ich hatte beim Einchecken auf jeden Fall die Angst, dass ich wieder umkehren muss. Ich habe meiner Mutter sogar gesagt, sie soll lieber mal noch mit dem Auto am Flughafen warten, weil ich keine Ahnung hatte, was passieren würde. Das war schon gruselig. Bei der Passkontrolle wollten sie dann auch gleich alle Dokumente sehen, aber damit lief alles gut.

In der vergangenen Saison hat ALBA mit Erika Livermore zum ersten Mal eine US-Profispielerin verpflichtet. Ihr seid jetzt gewissermaßen ihre Nachfolgerinnen. Was bedeutet es euch, zu den ersten Profispielerinnen überhaupt im Klub zu zählen?

Angela: Für mich ist das eine Ehre! Ich hatte schon von ALBA gehört und wusste, dass das ein sehr professioneller Klub ist. Als Coach Cristo mit mir telefoniert hat, ging es ihm ganz stark um Charakter und Persönlichkeit. Und zu wissen, dass ich nicht nur hier bin, um einen Ball in den Korb zu werfen, bedeutet mir sehr viel. Deshalb will ich den jungen Spielerinnen zeigen, wie man als Profi arbeitet und wohin sie eines Tages einmal kommen können.

Jetzt gerade befindet ihr euch ja aber wie der Rest des Teams im Wartemodus. Wahrscheinlich brennt ihr schon darauf, nach eurem Debüt Ende letzten Monats im Pokal gegen Bad Homburg bald auch euer erstes Ligaspiel für ALBA zu machen.

Ruth: Angela und ich, wir haben im Pokalspiel schon einmal ein bisschen unsere Füße nass gemacht. Und jetzt sind wir total hungrig! Ich glaube, wir haben uns in letzter Zeit im Training alle noch einmal gegenseitig besser gemacht. Aber jetzt scharren wir mit den Hufen und können es kaum erwarten, endlich gegen ein anderes Team zu spielen!

Angela: Es ist immer tough, wenn man nur trainiert und gegen die eigenen Teamkolleginnen spielt. Aber das hat uns mental viel stärker gemacht. Jetzt sind wir auf jeden Fall bereit zu spielen, egal, gegen wen!

Mal angenommen, die Saison geht dann auch einigermaßen regulär zu Ende. Was müsste passieren, damit ihr am Ende sagt: „Das war ein gutes Jahr!“?

Angela: Ich bin auf jeden Fall hierhergekommen, um zu gewinnen. Individuell hilft es natürlich mittelfristig auch, wenn man selbst gut spielt. Und wenn ich sehe, dass wir als Team stärker werden, dass sich eine Spielerin verbessert hat, dann kann ich sagen: Wir haben hier etwas geschafft.

Ruth: Angela und ich, wir kommen jeden Tag ins Training und sind bereit, uns gegenseitig in den Hintern zu treten. Uns macht das Spaß, und das wollen wir an die jungen Spielerinnen weitergeben.