Neben den Spielern und den Trainern gehört auch eine medizinische Abteilung zum ALBA-Team, die sich darum kümmert, dass die Spieler gut regenerieren und ihre Blessuren überwinden bzw. sich gar nicht erst verletzen. Dr. Moritz Morawski ist seit 2011 Mannschaftsarzt von ALBA BERLIN und medizinischer Leiter des Zentrums für Sportmedizin am Unfallkrankenhaus Berlin (ukb), das unsere Albatrosse ärztlich betreut. Im Interview sprechen wir mit ihm über die außergewöhnlichen Belastungen dieser Saison, die Wichtigkeit von Regeneration und die aktuelle Verfassung des Teams.

Herr Morawski, mit 1,90 Meter könnten Sie ja durchaus auch als Basketballer durchgehen. Haben sie selbst Basketball gespielt?

MM: Ja, ich habe im meiner Jugend viel Basketball gespielt, unter anderem mit Jan Jagla in meiner Mannschaft beim TuS Neukölln. Auch Mithat Demirel war bei uns in Neukölln, allerdings eine Jugendmannschaft über mir. Wegen einer Verletzung musste ich dann allerdings schon mit 19 Jahren damit aufhören.

Da sind wir ja schon beim Thema. Erhöhen so viele Spiele, wie ALBA sie gerade absolviert, das Verletzungsrisiko?

MM: Viele Spiele sind an sich ok, solange man dazwischen ein paar Tage Zeit zum Regenerieren hat. In der vergangenen Saison in den Playoffs bis hin zum fünften Finale gegen Bayern München hatten die Spieler immer kleine Breaks, um zu regenerieren. Das reduziert das Verletzungsrisiko. In dieser Saison hatten wir aber das Problem, dass die vielen Spiele noch enger beieinander lagen und wir zusätzlich noch sehr viel reisen mussten – oft quer durch Europa. Dadurch hat den Spielern ein Teil der nötigen Regeneration gefehlt.

Was können Sie da von ärztlicher Seite tun?

MM: Wir versuchen nicht nur in der aktuell sehr extremen Phase, sondern eigentlich schon die ganze Saison über in Zusammenarbeit mit unserem Athletiktrainer Pepe Silva und unserem Physiotherapeut Henrik Lange präventiv einzuwirken. Die Spieler machen saisonbegleitend ein auf sie zugeschnittenes Programm von Stabilisationsübungen und wir achten darauf, dass sie sich den Situationen entsprechend ernähren. Das funktioniert sehr gut, setzt aber voraus, dass wir überhaupt Zeit dafür in der Trainingshalle haben. Wenn die Spieler permanent unterwegs sind, ist das nicht möglich. Wir kennen die Schwachstellen bei unseren Spielern und versuchen täglich daran zu arbeiten. Dass wir in Phasen, wo es nicht um alles geht, Spieler auch einmal schonen wie zuletzt Niels Giffey, gehört auch dazu.

Hat Martin Hermannsson auch aus diesem Grund pausiert?

MM: Nein, Martin hatte eine richtige Muskelverletzung und in solchen Fällen sind wir strikt. Da gibt es kein „vielleicht kann er ja ein paar Minuten spielen“. Eine solche Muskelverletzung muss komplett ausheilen. Da hat man keinen Spielraum. Wir hoffen, dass er im Laufe dieser Woche zurückkehren kann. Ob und wann genau, hängt aber davon ab, wie sich sein Muskel im Teamtraining anfühlt. Der Prozess lässt sich nicht genau vorhersagen.
 

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Ist es schwer, die Spieler im Rückkehrprozess zu bremsen?

MM: Na klar, das ist schwer. Martin hatte mit seinem Knöchel schon eine lange Auszeit im Winter. Der ist heiß und will unbedingt wieder spielen. Da müssen wir ihm auch erklären, dass die Gefahr, eine neue Muskelverletzung zu erleiden, zu groß ist. Wir können es uns nicht leisten, dass er wegen einem Rückfall für die Playoffs ausfällt.

Seinen Guard-Kollegen Peyton Siva hat es in dieser Saison besonders häufig erwischt … 

MM: Peyton geht immer ohne jede Furcht dahin, wo es weh tut. Einige seiner Verletzungen hängen damit zusammen. Wie beispielsweise der Rippenbruch, wo er in die Zone springt, um einen verlorenen Ball noch zu erreichen. Auch jüngst im Spiel gegen Bayern München hat er einen Schlag in die Flanke bekommen und sich dabei den Rücken verdreht. Aber er ist unglaublich hart im Nehmen und die Risikobereitschaft ist Teil seines Spiels. Wenn er vorsichtiger agiert, ist er nicht mehr Peyton Siva und nicht mehr so erfolgreich.

In der Mercedes-Benz Arena sieht man Sie oft. Fahren sie auch mit zu Auswärtsspielen?

MM: Ich schaffe es nicht zu jedem Auswärtsspiel. Dafür habe ich in der Klinik und in der Praxis zu viel zu tun. Aber wir achten darauf, dass bei jeder Auswärtsfahrt ein Arzt dabei ist. Wir haben bei ALBA ein Team aus drei Ärzten und einer kann das immer einrichten.

Freuen sie sich dann am Spielfeldrand über schöne Aktionen oder achten sie vorwiegend darauf, ob die Spieler sich ungesund bewegen?

MM: Beides. Man bekommt mit der Zeit schon ein Gefühl für die Spieler und wenn sie ausgewechselt werden, berichten sie, wenn ihnen etwas weh tut. Wenn wir einen Spieler nach einer frischen Verletzung wieder freigeben, dann gucken wir natürlich besonders darauf, wie er sich bewegt. Da achten aber auch die Physiotherapeuten und der Athletiktrainer drauf und wenn jemand nicht ganz rund läuft, wird er sofort wieder ausgewechselt.

Mit welchem Gefühlt gehen Sie jetzt in die Playoffs?

MM: Ich hatte schon zur Saisonmitte das Gefühl, dass wir ein Team haben, das Titel gewinnen kann, und dieses Gefühl habe ich immer noch – auch wenn wir jetzt schon zwei Titel knapp verpasst haben. Dass wir jetzt eine kleine Leistungs-Durststrecke haben, überrascht mich nicht. Alles war auf das EuroCup-Finale ausgerichtet und dass danach ein Abfall kommt, ist normal. Ich bin aber sehr optimistisch, dass wir zu den Playoffs mental wieder voll da sind und angreifen werden.

Und physisch? Wird die freie Woche vor den Playoffs ausreichen, um die Akkus wieder aufzuladen?

MM: Diese freie Woche vor den Playoffs ist für uns sehr wichtig. Aito hat ein gutes Gespür dafür, die Spieler wieder aufzubauen und er wird diese Tage nutzen. Ich glaube schon, dass wir in den Playoffs wieder unser wahres Gesicht zeigen werden.