Nach dem 3:0 gegen Hamburg im Viertelfinale setzen die Albatrosse die „Mission Titelverteidigung“ im Halbfinale gegen ratiopharm Ulm fort. Die Ulmer haben sich als Punktrunden-Sechster mit 3:1 gegen den Dritten Oldenburg durchgesetzt. ALBA hat als Punktrunden-Zweiter dabei erneut Heimvorteil und eröffnet das im Modus 2-2-1 gespielte Halbfinale mit zwei Heimspielen am Sonntag (14 Uhr) und Dienstag (20:30 Uhr) in der Mercedes-Benz Arena. Auch diese Serie wird erneut im 48-Stunden-Rhythmus gespielt. Alle Spiele werden live auf MagentaSport übertragen, das Auftaktspiel am Sonntag sowie die möglichen Spiele vier und fünf der Serie auch im Free-TV auf SPORT1:

Spiel 1 (30. Mai, Sonntag, 14:00 Uhr): ALBA – Ulm
Spiel 2 (1. Juni, Dienstag, 20:30 Uhr): ALBA – Ulm
Spiel 3 (3. Juni, Donnerstag, 20:30 Uhr): Ulm – ALBA
ev. Spiel 4 (5. Juni, Samstag, 20:30 Uhr): Ulm – ALBA
ev. Spiel 5 (7. Juni, Montag, 20:30 Uhr) ALBA - Ulm

Trainer Jaka Lakovič gibt Ulm auch ein defensives Gesicht

In der Punktrunde hat ratiopharm Ulm beide Spiele (im Dezember in Ulm und im März in Berlin) gegen ALBA verloren. Aber diese Resultate haben für die Playoffs nur eine sehr geringe Aussagekraft, denn Ulm ist in den letzten Wochen mächtig ins Rollen gekommen. Die Schwaben haben im April und Mai ihre letzten neun Punktspiele in der easyCredit BBL allesamt gewonnen, gaben sich beim Pokal-TOP4 in München dem späteren Pokalsieger FC Bayern im Halbfinale erst in der Verlängerung geschlagen und warfen anschließend im Playoff-Viertelfinale Oldenburg auch ohne Heimvorteil mit 3:1 aus dem Meisterschaftsrennen.

Ulm zählt auch in dieser Saison wieder zu den offensivstärksten Mannschaften in der easyCredit BBL und stellte in der Punktrunde mit einer Wurfquote von 50,5 Prozent hinter Oldenburg die zweitstärkste Offensive. Mit ihrer Dreierquote von 43,1 Prozent stellten die Ulmer dabei sogar eine neue Höchstmarke in der Geschichte der Bundesliga auf. Ausschlaggebend für den jüngsten Ulmer Aufschwung ist aber, dass seit dem Frühjahr auch die verbesserte Arbeit in der Defense, die Trainer Jaka Lakovič dem Team verschrieben hat, Früchte trägt. Im Defensiv-Ranking der BBL rangiert Ulm hinter ALBA, Ludwigsburg und Hamburg auf dem vierten Platz. 

US-Point Guard Troy Caupain ist Ulms „Late-Season-MVP“

Personifiziert wird der Ulmer Aufwind von US-Point Guard Troy Caupain. Der in der ersten Saisonhälfte oft noch unauffällige Spielmacher steigerte sich im April und Mai von zuvor 16,3 Punkten (Dreierquote von 36 Prozent) auf nunmehr 21,3 Punkte pro Spiel (Dreierquote von 54 Prozent) und führte die Ulmer in den letzten Wochen mit im Schnitt sechs Rebounds, sechs Assists und solider Verteidigung von einem Sieg zum nächsten. Hätte der im eins-gegen-eins nur schwer zu stoppende US-Guard diese Leistungen über die gesamte Saison gezeigt, wäre der „Late-Season-MVP“ Caupain sogar ein Kandidat für die Auszeichnung als Saison-MVP gewesen.

Die Leistungsexplosion des US-Guards kam dabei zu einem optimalen Zeitpunkt, denn auf der Saison-Zielgeraden fiel nicht nur Kapitän Per Günther verletzt aus, sondern auch der österreichische Nationalspieler Thomas Klepeisz, sodass Caupain den Spielaufbau wochenlang quasi im Alleingang stemmen musste. Während Klepeisz mit einer Schulterverletzung auch noch gegen ALBA fehlt, kehrte der in seiner 13. Saison für die jungen Ulmer mit seiner großen Erfahrung doppelt wertvolle Per Günther im Viertelfinale gegen Oldenburg von seiner Ellbogenverletzung zurück, sodass Trainer Lakovič im Halbfinale wieder zwei Spielmacher zur Verfügung stehen.

Defensiv-As John Petrucelli und Dreier-König Andreas Obst

In der Offensive agieren die ballsicheren Ulmer Guards mit viel Bewegung und vielen Ballübergaben sehr geduldig, bis eine gute Option für den Abschluss gefunden ist und halten die gegnerische Verteidigung damit auf Trab. Am Ende des Angriffs landet der Ball nicht selten in den Händen von Nationalspieler Andreas Obst, der mit einer Dreierquote von über fünfzig Prozent und fast drei Dreiern pro Spiel der beste deutsche Schütze in der easyCredit BBL ist. Aber der in jungen Jahren gerne als „Dreierspezialist“ abgestempelte Guard hat sein offensives Arsenal in dieser Saison enorm erweitert und punktet verstärkt und effektiv auch über Züge zum Korb. 

Das Gegenstück zum gebürtigen Hallenser ist der athletische US-Guard John Petrucelli, der im Sommer als bester Balldieb der israelischen Liga nach Ulm kam, wo er mit 1,5 Steals pro Spiel ebenfalls als exzellenter Verteidiger glänzt. Nominell auf den Positionen zwei und drei zu Hause, hängt er sich mit viel Energie wie eine Klette an die gegnerischen Topscorer und setzt bei Bedarf auch den gegnerischen Spielmacher unter Druck. Hätte der zuweilen auch als Dreierschütze aufblühende US-Amerikaner nicht die halbe Saison mit einer Verletzung verpasst, wäre er ein Kandidat für die Auszeichnung als bester Verteidiger der Liga gewesen.

Dylan Osetkowski ist Ulms Schlüsselspieler im Frontcourt

Auf dem Flügel sind der frühere Bamberger Patrick Heckmann und die beiden US-Forwards Cameron Clark und Demetrius Conger vielseitig und kräftig genug, um auf den Positionen drei und vier Mismatches gegen größere bzw. kleinere Gegenspieler auszunutzen. Als die etatmäßigen Power Forwards können die US-Amerikaner Aric Holman und Isaiah Wilkins wiederum auch als Center agieren. Während Holman dabei nicht nur mit explosiven Dunkings oder abgeblockten Würfen die Highlights setzt, sondern auch bis hinter die Dreierlinie korbgefährlich ist, fungiert der reboundstarke Wilkins etwas unauffälliger als defensiver Anker im Frontcourt. 

Ulms Schlüsselspieler im Frontcourt ist indes Center Dylan Osetkowski, der mit seiner großen Beweglichkeit aus Pick&Roll-Situationen heraus nicht nur effektiv zum Korb abrollt, sondern mit einer Dreierquote von 42 Prozent auch gefährlich nach außen gehen kann und damit doppelt schwer zu verteidigen ist. Als gleichermaßen am Korb wie an der Dreierlinie gefährlicher und trickreicher Big Man, der in dieser Saison zudem noch seine Qualitäten als Passgeber enorm verbessert hat, ist der starke US-Amerikaner für die Ulmer doppelt wertvoll, weil er dank einer deutschen Großmutter einen deutschen Zweitpass besitzt und nicht unter die 6+6-Quote fällt.

Im Viertelfinal-Klassiker gewinnt Ulm 3:1 gegen Oldenburg

Die Ulmer Viertelfinalserie gegen Oldenburg musste sich in der vergangenen Woche hinsichtlich Spannung und Dramatik nicht hinter den klassischen Playoff-Duellen verstecken, mit denen beide Klubs in früheren Jahren Playoff-Geschichte geschrieben hatten. Spiel eins in Oldenburg gewann Ulm nach einem 19:36-Fehlstart mit 24 Punkten von Andi Obst noch 93:88. In Spiel zwei rettete Rickey Paulding (16) mit einem Buzzerbeater Oldenburgs 77:75-Sieg. In Ulm rettete dann in Spiel drei der zuvor glücklose Dylan Osetkowski mit einem Offensivrebound und daraus resultierenden Freiwürfen Ulms 70:66-Sieg. In Spiel vier führte schließlich Troy Caupain die Ulmer mit 20 Punkten und 7 Assists zum entscheidenden 96:88-Sieg.

Im Viertelfinale gegen Oldenburg spielte Ulm in folgender Aufstellung (in Klammern gerundete Playoff-Stats/Spiel):

PG: Troy Caupain (32 min, 14 p, 6 rb, 6 as), Per Günther (10 min, 7 p)
SG: Andreas Obst (31 min, 15 p, 3 rb), John Petrucelli (21 min, 8 p, 3 rb, 2 as)
SF: Patrick Heckmann (10 min, 3 p), Demetrius Conger (18 min, 10 p)
PF: Cameron Clark (20 min, 7 p, 3 rb), Aric Holman (18 min, 7 p, 4 rb)
C: Dylan Osetkowski (25 min, 10 p, 5 rb, 2 as), Isaiah Wilkins (14 min, 3 p, 5 rb)

Stimmen zur Serie:

Aíto García Reneses (ALBA-Headcoach): "Ulm hat eine sehr starke Serie gegen Oldenburg gespielt und dabei vor allem defensiv einen großartigen Job gegen das beste Offensivteam der Liga gemacht. Sie spielen sehr physisch und sind auch mental tough genug, um mit schwierigen Situationen umgehen zu können. Wir müssen den Fokus und die Energie aus der Hamburg-Serie mitnehmen und in jedem Spiel über 40 Minuten abrufen."

Maodo Lô (ALBA-Guard): "Ulm ist derzeit in einem sehr guten Rhythmus. Sie haben die Hauptunde der Bundesliga-Saison in einer starken Form abgeschlossen und nun auch Oldenburg in den Playoffs geschlagen. Sie haben mit Spielern wie Dylan Osetkowski, Andi Obst und Troy Caupain viel Qualität in ihren Reihen. Das wird eine schwere Serie."

Gut zu wissen: 

Die Nationalspieler Andreas Obst (Ulm) und Johannes Thiemann (Berlin) kommen beide aus der Bamberger Jugendarbeit und spielten von 2011 bis 2016 zusammen für die Bamberger Farmteams Baunach und Breitengüßbach in ProA, ProB und Regionalliga sowie sporadisch auch schon für Bamberg in der Bundesliga. In der Saison 2015/16 stieß auch Patrick Heckmann hinzu, bevor „J.T. und „Andi“ sich im Sommer 2016 in Richtung Ludwigsburg bzw. Gießen aus Bamberg verabschiedeten. Von 2016 bis 2018 spielte Heckmann zusammen mit Maodo Lô für Bamberg.

ALBA und Ulm spielten zwar schon zweimal im Pokalfinale gegeneinander (ALBA holte sich dabei den „Pott“ 2013 in Berlin und 2014 in Ulm), aber in den Playoffs um die Meisterschaft kreuzten sich die Wege beider Klubs erst zweimal. 2013 setzte sich ALBA im Viertelfinale mit 3:1 durch und 2019 – ebenfalls im Viertelfinale und mit Heimvorteil – mit 3:0. Das jetzige Halbfinale ist das erste zwischen ALBA und Ulm. ALBA steht zum 24. Mal im Halbfinale, die 2006 (nach Neugründung) wiederaufgestiegenen Ulmer zum siebten Mal.

ratiopharm Ulm (Ø Stats easyCredit BBL 2020/21) 

Nr.NamePos.AltercmNat.BBLPktRbAs
1Demetrius Conger331198USA---6,62,41,2
3Cameron Clark329201USA---10,43,80,5
6Per Günther133184GER12 J.81,12,1
7John Petrucelli228193USA---7,52,31,2
9Marius Stoll121197GER2 J.0,80,81
10Christoph Philipps (verl.)3/422203GER3 J.3,520,4
11Isaiah Wilkins425203USA---4,23,31,2
13Andreas Obst224191GER5 J.13,61,91,8
17Nicolas Bretzel522212GER3 J.4,21,40,2
21Dylan Osetkowski524206D/USA1 J.13,35,72,6
22Thomas Klepeisz (verl)1/229186D/AUT4 J.9,21,12,9
23Troy Caupain125193USA---143,74,5
27Moritz Krimmer320202GER1 J.1,61,10,2
33Patrick Heckmann329198GER5 J.4,82,31,1
35Aric Holman4/523208USA---6,83,70,9
36Kristofer Krause221190GER1 J.1,200,2

Head Coach: Jaka Lakovič (42, SLO, zweite BBL-Saison)

ALBA-Bilanz gegen Ulm: 30:10
30 Siege – 10 Niederlagen (in Berlin 17-4)
BBL 21:9, Pokal 3:0, Playoffs: 6:1
Höchster Sieg: 89:58 am 23. Dezember 2011 in Berlin
Höchste Niederlage: 72:91 am 11. April 2012 in Ulm