Maodo Lô ist dick eingepackt, als er an einem kalten November-Mittwoch aus ALBAs Trainingszentrum in der Schützenstraße läuft. „Ich musste nochmal kurz zum Physio, bin ja auch nicht mehr der Jüngste“, sagt der Aufbauspieler mit einem Augenzwinkern. Am 31. Dezember wird er 28 Jahre alt, alles halb so wild. Aus seinen losen Kopfhörern spielt Musik, es ist der Song „Wolves“ von Kanye West.

Musik spielt für Lô schon immer eine große Rolle, sie begleitet ihn seit jeher. Schon als der gebürtige Berliner als kleiner Junge zum Hochmeisterplatz in Charlottenburg dribbelt und hofft, heute mal bei den Großen mitspielen zu dürfen, oder während er die internationale BBIS-Schule in Kleinmachnow besucht. Der Zugang zum Englischen erleichtert den Zugang zur Musik umso mehr: „Man könnte meinen, dass man gerade als Kind eher auf die Musik an sich hört, auf die Beats. Aber ich habe mich damals schon sehr für Texte und Inhalte interessiert“, erzählt er.

Der legendäre Rapper Nas, der wie kaum ein Zweiter gleichzeitig Botschaften und Coolness transportiert, wird schnell zu seinem Lieblingskünstler. 2006 steht Lô als 13-Jähriger in der Columbiahalle in Tempelhof bei einem Nas-Konzert in der zweiten Reihe und rappt die Texte mit. „Mir hat gefallen, wie viel Substanz seine Texte hatten. Wie er die Probleme in seiner Heimat und weltweit angesprochen oder die Rolle des schwarzen Vaters thematisiert hat. Da war viel dabei“, sagt Lô, der aber ebenso Soul, Jazz, R’n’B, Funk, Reggae oder auch mal Klassik hört. „Was Country, Rock und Indie angeht, da habe ich nicht so viel Ahnung. Aber auch ein grundsätzliches Interesse!“

Mehr als Basketball

Überhaupt wächst Lô in einem künstlerischen Umfeld auf. Seine Mutter Elvira Bach ist Malerin, Lô verbringt sehr viel Zeit in ihrem Atelier in Kreuzberg. Er beschäftigt sich bewusst und unterbewusst mit Kunst und Musik, entwickelt ein Auge für Ästhetik und verfällt so neben dem Basketballspielen weiteren Leidenschaften, die von Dauer sind. Als es Lô 2012 wegen des Basketballs erstmals aus Berlin weg und nach New York an die Columbia University zieht, besucht er am Silvesterabend 2012 ein weiteres Nas-Konzert. „So den Jahreswechsel und zeitgleich meinen Geburtstag zu verbringen, war eine Mega-Erfahrung“, erzählt er heute. Die Tickets dafür schenkte ihm seine Mutter. Über New York ging es für Lô dann nach Bamberg und von da aus nach München. Nach acht Jahren war es dann Zeit, in seine Heimatstadt zurückzukehren.
 

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Heute wohnt Lô im alten Atelier seiner Mutter in Kreuzberg, inmitten von vielen Kindheitserinnerungen und am Ursprung etlicher, prägender Erfahrungen. Sie selbst ist schon zuvor in ein neues Atelier um die Ecke gezogen. „Ich kenne die Gegend natürlich, aber trotzdem ist es anders als in Charlottenburg. Die Eingangstür vom Haus ist immer offen, manchmal übernachten ungeladene Gäste im Flur, die morgens die Leute anpöbeln. Es ist eine andere Atmosphäre. Aber das ist ja auch das Coole an Berlin: Jedes Viertel hat seinen eigenen Vibe.“ Aufgrund der geltenden Corona-Schutzmaßnahmen konnte er die Stadt aber noch nicht in allen Facetten genießen. „Ohne ALBA-Fans in der Mercedes-Benz Arena zu spielen, ist natürlich schade. Ich hab mich als Berliner sehr auf sie gefreut“, sagt Lô. Extrem wichtig sei es ihm, nah bei seiner Familie zu sein, sie oft sehen zu können. 

Auf der Suche nach dem Rhythmus

Immerhin steht er selbst wieder auf dem Parkett. Vor wenigen Wochen war daran kaum zu denken. Lô infizierte sich wie sechs andere Teammitglieder mit dem Coronavirus, ihn erwischte es dabei schwer. Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen, Schüttelfrost – nur die Einnahme von Paracetamol machte die Situation anfangs erträglich. Die Zeit musste Lô wegen Kraftlosigkeit größtenteils im Bett verbringen. „Ich habe meinen Körper drei Wochen lang quasi gar nicht bewegt und mich total schwach gefühlt“, sagt Lô rückblickend. Während viele seiner Mitspieler schon wieder trainierten, weilte er noch in Quarantäne und tastete sich danach mit ersten, kurzen Spaziergängen wieder ans Bewegen ran, bevor es wieder in die Halle ging: „Ich bin zum Heimspiel gegen Frankfurt wieder richtig eingestiegen, danach ging es direkt Schlag auf Schlag.“

Für die Albatrosse standen sechs Spiele in zwölf Tagen und dazu zahlreiche Reisen an. „Selbst wenn man fit ist, ist so ein Programm sehr anstrengend. Aber mein Körper war quasi im Minus. Ich merke auch jetzt auf dem Feld noch, dass meine Muskeln schnell müde werden, dass ich langsamer bin als sonst. Meine Energie ist einfach noch nicht so ganz da“, sagt Lô. Für ihn gehe es nun vor allem darum, wieder seine körperliche Normalverfassung zu erlangen. Schritte in die richtige Richtung waren dabei die Siege gegen Bonn und Khimki Moskau. Jeweils elf Punkte standen am Ende beider Spiele in Maodo Lôs Zeile im Boxscore. Das gewisse basketballerische Taktgefühl, das ihn als Point Guard ausmacht, es kommt langsam wieder. 

Dann steigt er ins Auto, es stehen noch ein paar Erledigungen an. Es dauert nicht lang, bis die Bässe aus dem Fahrzeuginneren gedämpft nach außen dringen.
 

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Da, wo alles begann: Maodo Lô auf dem Hochmeisterplatz in Charlottenburg