Auch wenn uns die Corona-Krise gerade in Atem hält, lassen wir es uns nicht nehmen, uns am 15. März an den bisher magischsten Moment in ALBAs mittlerweile dreißigjähriger Vereinsgeschichte zu erinnern. Vor 25 Jahren gewann ALBA den europäischen Korac Cup, der damals einen ähnlichen sportlichen Stellenwert hatte wie heute der EuroCup. Es war ein sensationeller Erfolg einer außergewöhnlichen Mannschaft. Wie viel Herz und Spielintelligenz damals im ALBA-Trikot vereint war, wird deutlich, wenn man schaut, was heute aus den ALBA-Helden geworden ist.

Interview mit Henrik Rödl zum Korac Cup-Jubiläum bei rbb24 Sport

ALBA triumphierte als krasser Außenseiter

Der Chef der damaligen Mannschaft, Trainer Svetislav Pesic, war erst vor zwei Wochen mit dem FC Barcelona einmal wieder zu Gast an der Spree und in allen seinen Interviews spürte man, wie stolz er immer noch auf diesen vielleicht sogar größten Erfolg seiner Karriere ist. Sicher: Pesic hat mit dem FC Barcelona 2003 die Europaliga gewonnen und wurde mit Jugoslawien 2001 Europa- und 2002 Weltmeister. Aber das waren gewissermaßen eingeplante Erfolge mit favorisierten Teams. Die Erfolge mit der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 1993 und zwei Jahre später mit ALBA im Korac Cup, hatten ein anderes Kaliber, denn beide Teams triumphierten als krasse Außenseiter.

Der von ALBA vor 25 Jahren gewonnene Korac Cup war nicht zuletzt deshalb ein ganz spezieller Erfolg. Es war nicht nur ALBAs erster Titel und der erste Europapokal-Titel einer deutschen Mannschaft überhaupt. Es war auch der Erfolg einer Mannschaft, die zu Saisonbeginn niemand in Europa auf der Rechnung hatte, die aber im Saisonverlauf über sich hinauswuchs und an der Spree eine Basketballbegeisterung entfachte, die bis heute weiterlebt. Dieselben Albatrosse, die in jener Saison ihr Auftaktspiel vor 2.500 Zuschauern in der Sömmeringhalle gegen Pau-Orthez 82:101 verloren, gewannen vier Monate später vor 10.000 Zuschauern in der Deutschlandhalle das Finale gegen Stefanel Mailand 85:79.

Bedenken, ob man für dieses Final-Rückspiel die große Arena mit einem Basketballspiel überhaupt würde füllen können, lösten sich innerhalb von nur zwei Stunden in Luft auf, in denen die Arena sich ausverkaufte. Wer zu spät kam, dem blieb damals nur der Schwarzmarkt, um bei dem „ALBA-Feiertag“, den ALBA-Geschäftsführer Marco Baldi noch in der Jubel-Nacht spontan ausgerufen hatte, dabei zu sein.
 

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Henrik Rödl und Sasa Obradovic wurden ALBA-Trainer

Aber was machen die Spieler des größten Erfolgs der ALBA-Geschichte 25 Jahre später? Auffällig viele Akteure dieses legendären ALBA-Teams haben die Trainerlaufbahn eingeschlagen. Henrik Rödl sprang dabei schon wenige Monate nach dem Ende seiner aktiven Karriere im Januar 2005 als ALBA-Interimscoach ein und hängte 2005/06 noch eine vom Pokalgewinn in Bamberg gekrönte Saison als Headcoach dran. Anschließend wechselte der heutige Bundestrainer wieder zurück in die ALBA Jugend, wo er das U19-Team um Niels Giffey 2009 zu ALBAs erster Deutschen U19-Jugendmeisterschaft führte.

Auch Sasa Obradovic, der mit seinen 34 Punkten (15/16 Freiwürfe) zum 87:87 im Final-Hinspiel in Mailand den Grundstein für den großen Erfolg legte, kehrte 2012 als Trainer zu ALBA zurück und verkörperte das heutige Motto „mit Leib und Seele“ mit seiner großen Leidenschaft, die sich auch auf die damaligen Spieler übertrug, vier Jahre lang auch als Headcoach. Unter Obradovic, der heute Trainer des AS Monaco ist, wurde ALBA dreimal Pokalsieger. Unvergessen ist natürlich auch der legendäre Sieg über den NBA-Champion San Antonio Spurs im Rahmen der NBA Global Games 2014, der Sasa Obradovic und ALBA vor sechs Jahren weltweit berühmt machte.

Aber auch aus den „Rollenspielern“ im damaligen ALBA-Backcourt sind heute erfolgreiche Trainer geworden. Ingo Freyer, der schon mit Hagen sieben Jahre lange die Bundesliga mit seinem Tempobasketball aufschreckte, absolviert jetzt in Gießen schon seine zehnte Saison als Bundesliga-Headcoach.

Sebastian Machowski, der 2008 beim polnischen Kolobrzeg als Spieler von seinen Mitspielern aufgefordert wurde, die Nachfolge des gefeuerten Trainers anzutreten, ist nach Stationen in Braunschweig, Oldenburg und Bremerhaven wieder als Coach nach Polen (Torun) zurückgekehrt, wo er mittlerweile Pressekonferenzen auch schon auf polnisch meistert.
 


Ein stolzer Vater, ein Manager und ein Agent

Teoman Alibegovic, der ALBA im zweiten Finalspiel mit 34 Punkten (nur drei Fehlwürfe!) und neun Rebounds zum Sieg führte, beendete seine aktive Karriere 2003, versuchte sich anschließend in Italien als Trainer (Udine, Scafati) und als Manager (Fortitudo Bologna, Scafati), um sich jetzt - wie der immer noch wortreiche Slowene kürzlich bei einem Besuch des ALBA-Spiels gegen Bayern München erzählte - „diversen Tätigkeiten“ zu widmen und seine drei Söhne anzufeuern: Der 27-jährige Mirza spielt in der zweiten italienischen Liga für Turin, der 24-jährige Amar für den Erstligisten Rom und der 20-jährige Deniz ist eine Nachwuchshoffnung bei Bayern München.

Der damalige ALBA-Kapitän Stephan Baeck holte als Sportdirektor der Köln 99ers Svetislav Pesic und Sasa Obradovic an den Rhein. Die Insolvenz setzte 2009 jedoch einen Schlusspunkt unter das zunächst vielversprechende Projekt. Seit 2013 versucht der Ex-Albatros nun als Geschäftsführer der RheinStars Köln den Profibasketball in seiner Heimatstadt neu zu beleben.

Ademola Okulaja, die große Entdeckung im damaligen ALBA-Team, die später beim FC Barcelona auch unter Coach Aito spielte, ist dem Basketball als Spieleragent erhalten geblieben. „Adi“ ebnete Dennis Schröder und Daniel Theis den Weg in die NBA. Seine Agentur betreut aber auch Sportler aus anderen Sportarten.

Gibt es auch ein Leben ohne Basketball?

„Mit dem Basketball abgeschlossen“ hat unterdessen Center Gunther Behnke, der mit seinen 2,21 Metern für ALBA im Finale gegen die Mailänder 1-3-1-Zone eine wichtige Waffe war. Der Leverkusener, der seine Karriere in Bonn ausklingen ließ, wechselte als Projektmanager zur Telekom und ist seit 2013 in Köln für einen holländischen Konzern als „lösungsorientierter IT-Allrounder“ tätig. Der zweite Center des legendären Korac-Cup-Gewinners, Teoman Öztürk, der mit zehn ALBA-Saisons hinter Henrik Rödl (elf) die zweitmeisten Saisons im ALBA-Trikot gespielt hat, arbeitet als Sportlehrer an einer Schule in Dallgow-Döberitz, die auch an dem Schulprojekt „MBS & ALBA“ teilnimmt.

Fünf Nachwuchsspieler komplettierten das ALBA-Team 1994/95, von denen im Finale aber nur Oliver Braun (war lange Geschäftsführer in Braunschweig und arbeitet heute in verantwortlicher Position für VW) als zehnter Mann auf der Bank saß. Ein Team umfasste damals nämlich nur zehn Spieler, von denen lediglich zwei Ausländer sein durften. Jörg Lütcke, der heute als Arzt arbeitet, engagiert sich zusammen mit Patrick Falk, der unter anderem bei ALBA als Trainer aktiv war und sich als "moderner Mann" um den Haushalt und seine Familie mit vier Kindern kümmert, immer noch für den TuS Lichterfelde. Auch der in der Immobilienbranche tätige Drazan Tomic verfolgt ALBAs Spiele heute noch regelmäßig live in der Mercedes-Benz Arena – genauso wie der Richter Alexander Frisch, der im Nebenjob ALBA-Spiele für MagentaSport kommentiert.

Nicht vergessen werden darf natürlich Burkhart Prigge. Der beste Assistent, den Pesic je hatte, analysierte schon bei der Junioren-WM 1987 und bei der EM 1993 für den DBB die Gegner, folgte Pesic 1993 zu ALBA, gewann an der Seite von Pesic und später Emir Mutapcic mit den Albatrossen insgesamt zwölf Titel, verspürte aber keine Lust, einmal selbst Cheftrainer zu werden. Stattdessen studierte er ab 2005 Wirtschaftsingenieurwesen, wurde Projektmanager bei der ALBA Group und arbeitet seit 2011 für eine internationale Unternehmensberatungsfirma. Aber wetten, dass auch er sich beim Blick auf das Datum 15. März  an seine Zeit als „Basketball-Nerd“ bei ALBA erinnern wird?